Europa

Schweiz
Adieu à l'Afrique
Pierre-Alain Meier
Schweiz
87′
Der Regisseur und Produzent Pierre-Alain Meier, der mehrere Filme in Afrika produziert hat, erzählt seine eigene Geschichte und gewährt uns mit Bescheidenheit und Zärtlichkeit Zugang zu einem sehr privaten Bereich. «Adieu à l’Afrique» folgt dem Weg einer letzten Reise, und ergründet die komplexen, reichen und asymmetrischen Beziehungen zwischen Europa und dem französischsprachigen Afrika.
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Griechenland
Alexander der Grosse - O Megalexandros (1980)
Theo Angelopoulos
Griechenland
208′
Alexander entführt zur Jahrhundertwende britische Edelleute vom Poseidon-Tempel in Sounion in ein Bergdorf im Norden. Umjubelt von der Bevölkerung trifft er mit den Gefangenen dort ein. Eines Tages lässt Alexander die Uhr am Zeitturm neu einstellen. «Warum, Kommandant, wir hatten sie vergessen, die Uhr, wir brauchen sie nicht, hier befiehlt uns keiner. Nieder mit den Uhren!» Anarchisten und Dorfbevölkerung sind sich einig. Später diskutiert das Volk, und ein Anarchist prophezeit: «Eure Freiheit wird geopfert. Der Despotismus zerstört die Gemeinschaft, die ihr aufgebaut habt. Eure Revolution wird bald tot sein. Ihr Gespenst wird in den Trümmern herumirren.» Der Grieche Theo Angelopoulos hat den Aufstieg und den Niedergang eines Befreiers und Helden in Form einer byzantinischen Messe in die karge Landschaft des Nordens hineinchoreografiert. «Der grosse Aleander» ist ein vorweggenommener Abgesang auf fehlgelaufene Ideologien des 20. Jahrhunderts. Am Beispiel des sagen-umwobenen Volksbefreiers Alexander entwirft Theo Angelopoulos 1980 eine Figur, die auszieht, fremde Herrscher zu besiegen und das Land zu befreien, um zurückzukehren und seine eigene Herrschaft einzurichten. Das Mammut wurde 1980 in Venedig mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnet.
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Schweiz
Amiet
Iwan Schumacher und Cornelia Strasse
Schweiz
52′
Cuno Amiet, 1868 geboren, ist 1961 gestorben, trotzdem wirken viele seiner Bilder so frisch, als wären sie von heute. Amiet war zusammen mit Ferdinand Hodler und Giovanni Giacometti ein Wegbereiter der Moderne in der Schweiz. Der Film besucht eine Kunstsammlerin und zwei Kunstsammler, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Umgeben von ihren Gemälden erzählen sie uns in Dallas, Genf und Studen bei Biel, was ihnen ihre Amiets bedeuten.
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Griechenland
Attenberg
Athina Rachel Tsangari
Griechenland
97′
Marina ist 23 und lebt gemeinsam mit ihrem Vater in einem austauschbaren Industrieörtchen an der griechischen Küste. Die menschliche Spezies empfindet Marina als eigenartig, fast abschreckend, wäre da nicht Bella, ihre einzige und sehr unkonventionelle Freundin. Ihre ersten sexuellen Erkenntnisse leitet Marina aus den Tierdokumentationen von Sir David Attenborough - Attenberg, wie sie ihn nennt - ab. Bella hingegen zeigt Marina eine ganz anderen Zugang zur eigenen Sexualität. Das führt bei Marinas Annäherung an einen unbekannten Tischfussballspieler, sowie bei Diskussionen mit ihrem kranken Vater zu skurrilen Momenten. Ihr Papa, ein vom zwanzigsten Jahrhundert unbeeindruckter Architekt, bereitet sich auf seinen selbstbestimmten "Ausstieg" aus dem Leben vor. Er hält diese Epoche für überschätzt und will sich nicht seinem Krebs ergeben. Anhand dieser zwei Männer und ihrer Freundin Bella untersucht Marina die letzten Mysterien der menschlichen Fauna. - «Attenberg» war der Film, der Athina Rachel Tsangari auf die Weltkarte des jungen Kinos brachte. Zusammen mit Yorgos Lanthimos prägte sie die erfrischende neue Welle des griechischen Films.
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Schweiz
Badenfahrt - Fest vereint
Rolf Lang
Schweiz
78′
Alle zehn Jahre versetzt eines der grössten Volksfeste der Schweiz die Kleinstadt Baden in einen positiven Ausnahmezustand. Was motiviert unzählige Menschen in den verschiedensten Vereinen, die «Badenfahrt» mitzugestalten und einen unglaublichen Einsatz zu leisten? Der 78 Minuten lange Dokumentarfilm «Badenfahrt - Fest vereint» zeigt die Emotionen derjenigen, die das Fest auf die Beine stellen. Es herrscht Feel-good, was sich auch auf den Film überträgt. Er ist ein Plädoyer für Freiwilligenarbeit, für Vielfalt, Rolf Lang zeigt, was man gemeinsam Positives bewirken kann.
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Schweiz
Behind Me - Bruno Ganz (2002)
Norbert Wiedmer
Schweiz
82′
Bruno Ganz, 1941-2019, war während Jahrzehnten der Schauspieler aus der Schweiz. 2002 hat Norbert Wiedmer eine liebevolle filmische Annäherung an den eher scheuen Zürcher fertigstellen können. Drei Jahre war er dazu unterwegs mit Bruno Ganz. Er spielt an verschiedenen Orten in verschiedenen Rollen, in Filmen vorzugsweise inzwischen, aber immer noch und unerreicht auch auf der Bühne. Er spielt für den Filmemacher auch Bruno Ganz, filmt und inszeniert dabei Freunde. Es ist die Zeit, in der er auch an der ultimativen Rolle des Dr. Faust in Peter Steins legendärer Inszenierung arbeitet, jener Theaterfigur die – selbstredend für uns alle – verzweifelt zu ergründen sucht, «was die Welt im Innersten zusammenhält». Tausend Tage auf der Suche nach der eigenen Bestimmung, mit dem Zweifel als einzigem Weggefährten und in der Hoffnung auf die schaffende Kraft der Poesie. Der Schaubühneregisseur Stein sagte über Bruno Ganz: «Ich habe immer den Bruno Ganz in der Art seines Sprechens bewundert. Er ist ja Schweizer. Und er nähert sich dementsprechend der deutschen Sprache ein bisschen, wie man es einer Fremdsprache gegenüber tut. Und das führt zu einer bestimmten Distanziertheit des Sprechens und plastischen Herausarbeitung des Sprechens, was komplizierteren Texten unglaublich gut tut. Dadurch hat man immer das Gefühl, dass er Sprache kräftig in die Hand nimmt.» Norbert Wiedmers Film ist ein wunderbares Erinnerungsstück geworden an einen, der fürs Spiel auf Bühnen und Filmsets gelebt hat und uns immer wieder von Neuem faszinierte und in Bann zog.
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Schweiz
Bergauf, bergab (2007)
Hans Haldimann
Schweiz
97′
Die Kempfs leben auf drei Stufen Heimat. Je nach Jahreszeit bewirtschaftet die Familie einen anderen ihrer drei Höfe im Urner Schächental: Mal im Talboden, mal im Buchen auf 1120 Metern oder dann ganz oben, fast an der Baumgrenze. Zusammen mit ihrem Vieh ziehen sie von Hof zu Hof, um immer dort zu sein, wo der Boden die saftigsten Wiesen hergibt. Zuoberst, im "Pfaffen", will Bauer Max Kempf trotz prekärer Finanzierung einen neuen Stall errichten. Ansonsten wäre seine Existenz, sein geliebtes Bergbauerndasein, gefährdet. Die ganze Familie, von den Kleinsten, über seine Frau bis zu den Grosseltern, hilft mit: "Es muäss!" Es ist ein harter Alltag, geprägt von Entbehrungen und wenig Freizeit. Doch fernab der Hektik der Städte entfaltet sich das Glück auf andere Weise: Die innere Zufriedenheit, sein eigener Herr zu sein, Eins zu sein mit dem Vieh in einer einmaligen Berglandschaft. Es gibt nicht mehr viele Schweizer Bergbauern, die diese einzigartige, archaische Lebensweise der Kempfs noch leben. Der Filmemacher blickt ins Leben in der Abgeschiedenheit der Täler der Innerschweizer Berge und den Veränderungen und Gefahren, die den Bergbauern drohen. Er erzählt von ihrem Willen, an der traditionellen Lebensweise festzuhalten, gegen die Widerstände einer globalisierten Welt, der das Naheliegende allmählich abhanden kommt.
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Deutschland
Beuys
Andres Veiel
Deutschland
107′
Joseph Beuys. Der Mann mit dem Hut, dem Filz und der Fettecke. 30 Jahre nach seinem Tod erscheint er uns als Visionär, der seiner Zeit voraus war. Geduldig versuchte er uns schon damals zu erklären, dass „Geld keine Ware sein darf“. Er wusste, dass der Geldhandel die Demokratie unterwandern würde. Doch mehr als das. Beuys boxt, parliert, doziert und erklärt dem toten Hasen die Kunst. Wollen Sie eine Revolution ohne Lachen machen? fragt er grinsend. Sein erweiterter Kunstbegriff führte ihn mitten in den Kern auch heute relevanter gesellschaftlicher Debatten. Aus einer kongenial montierten Collage unzähliger, bisher unerschlossener Bild- und Tondokumente stellen Regisseur Andres Veiel und sein Team ein einzigartiges Zeitdokument zusammen: „BEUYS“ ist kein klassisches Porträt, sondern eine intime Betrachtung des Menschen, seiner Kunst und seiner Ideenräume. Der Film bringt uns die Relevanz von Joseph Beuys und seiner Kunst im wahrsten Sinne nahe: Keine verstaubten Museumsexponate, sondern ein Angriff auf die Verhältnisse.
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Schweiz
Beyond Boobs
Stéphane Correa und Kristen Vermilyea
Schweiz
52′
Brüste. Melonen. Bazookas: Die amerikanische Regisseurin Kristen Vermilyea hat grosse Brüste, Nacken- und Rückenschmerzen und Gleichgewichtsprobleme.
 Ihr Entschluss, eine Brustverkleinerung vornehmen zu lassen, wirft Fragen über Identität, Alterung und Körper auf. Kristen begibt sich auf eine Reihe von verrückten und humorvollen Abenteuern, bevor sie sich unters Messer legt. Englische Sprachversion ohne Untertitel
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Dänemark
Burma VJ (2008)
Anders Østergaard
Dänemark
85′
Eine Gruppe verdeckt arbeitender Videojournalisten in Burma riskiert Gefängnis, Folter und Tod, um heimlich Filmaufnahmen zu machen und ausser Landes zu schmuggeln. Während des Aufstandes der Mönche im September 2007 dokumentierten die „Medien-Saboteure“ mit kleinen Amateurkameras, was in der abgeschotteten Militärdiktatur wirklich geschah. Aus dem Material montierte Anders Østergaard einen Film, der unter die Haut geht. Geheime Einblicke: Die plötzliche Hoffnung auf Freiheit in der burmesischen Bevölkerung wird vom Militär brutal niedergeschlagen.
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Italien
C'eravamo tanto amati (1974)
Ettore Scola
Italien
120′
Das ist eine der schönsten Liebeserklärungen ans Kino und eine an die Italianità, ans Leben und ans Lieben. Nino Manfredi, Vittorio Gassman, Stefano Satta Flores und Stefania Sandrelli spielen die Hauptrollen in dieser Reise durch Italiens Geschichte des dritten Viertels des 20. Jahrhunderts. Figuren wie Vittorio De Sica, Federico Fellini und Marcello Mastroianni treten als sie selber auf, die beiden letzteren bei den nachgestellten Dreharbeiten zu "La dolce vita" am Trevibrunnen in Rom mit jener unvergesslichen Szene, in der die Anita Ekberg ins Wasser steigt. Wir folgen in Ettore Scolas filmischer Perle dem Lebensweg dreier Freunde im Italien der Nachkriegsjahrzehnte und erleben, wie Menschen sich über die Zeit hinweg entwickeln können. Der Film blendet aus der Zeit seiner Entstehung zurück in die Zeit der Resistanza, um kaleidoskopartig unter anderem die Geschichte der italienischen Linken zwischen Utopie und Anpassung zu entfalten und über eine der Figuren auch die Geschichte des italienischen Kinos. "C'eravamo tanto amati" (Wir haben uns so sehr geliebt) ist ein Film, der ans Herz geht und der uns gleichzeitig ein Land und seine Menschen über eine lebensnahe Erzählung nahe bringt. Eine schwungvolle, unterhaltsame, elegante Tragikomödie, die ihren bitteren Tenor mit satirischen Zwischentönen ausbalanciert. Walter Ruggle
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Schweiz
Carte blanche
Heidi Specogna
Schweiz
93′
Sie tragen keine Uniform, keine Waffen und haben keine Bodyguards, aber ihre Missionen führen sie an die gefährlichsten Orte der Welt. Ihre Ausrüstung besteht aus Laptops, kleinen Videokameras und Tonbandgeräten. Sie tragen in mühsamster Kleinarbeit die Fakten für die Anklageschriften zu einigen der schwersten Verbrechen unserer Zeit zusammen: verübt in Darfur, Uganda, der Demokratischen Republik Kongo und in der Zentralafrikanischen Republik – die Ermittler des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag.
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Schweiz
Cern und der Sinn der Schönheit
Valerio Jalongo
Schweiz
75′
CERN und der Sinn für Schönheit enthüllt die Geheimnisse des unterirdischen Labors am CERN und zeigt, wie Schönheit und Harmonie sowohl für Wissenschaftler als auch für Künstler Leitbilder sind. Die riesigen Maschinen des CERNs fangen Bilder mit einer ebenso mysteriösen Energie ein, wie die Werke von Künstlern wie Olafur Eliasson, Michael Hoch, Carla Canetti und vielen anderen. Die Bilder erzählen von Spiritualität der Menschen und der Beziehung zur Natur. Eine Beziehung, die in Angst gelebt wurde, in gemeinsamer Erfahrung, in zerstörerischer Kraft, und die heute überdeutlich zeigt, dass der Mensch die Erwärmung der Erde – seinem einzigen Lebensraum – nicht stoppen kann. Wissenschaftlerinnen des CERN sehen sich konfrontiert mit den grossen Fragen der Philosophen und Mystiker – über das Universum, unsere Herkunft, unser Schicksal. Einige glauben an Gott, einige glauben nur an die Gesetze der Physik und an mathematische Formeln. Aber alle erkennen, dass sie die schwer fassbare Natur von Materie und Kosmos nur mit ihrem sechsten Sinn verstehen können: dem Sinn für Schönheit.
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Schweiz
Chris the Swiss
Anja Kofmel
Schweiz
90′
Kroatien, Januar 1992. Mitten in den Jugoslawienkriegen wird Chris, ein junger Schweizer Journalist, unter mysteriösen Umständen tot aufgefunden. Zum Zeitpunkt des Todes trug er die Uniform einer internationalen Söldnergruppe. Anja Kofmel, seine Cousine bewunderte diesen stattlichen jungen Mann als kleines Mädchen. Als erwachsene Frau beschliesst sie, seiner Geschichte nachzugehen und versucht zu verstehen, was Chris’ tatsächliche Beteiligung an diesem Konflikt war ...
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Schweiz
Cirque de Pic
Thomas Ott
Schweiz
84′
Unterwegs zum Clown: Mit Elefanten im Zug durch die Nacht reisen... Ein Huhn vor dem Würgegriff eines Kochs retten... Seifenblasen in die unsteten Winde eines voll besetzten Zirkuszelts zaubern - sie ist legendär, die Seifenblasennummer von Clown Pic. Zusammen mit weiteren Auftritten ist sie in «Cirque de Pic» zu geniessen. Sie bildet das Herzstück des liebevollen Porträtfilms, den Thomas Ott zu einem der aussergewöhnlichsten und beliebtesten Clowns seiner Generation gestaltet hat. Emil Steinberger erzählt, wie er von Anfang an von Pic begeistert war und den St.Galler Clown dem Roncalli-Direktor empfahl. Der Kabarettist meint: «Einen Fauteuil nehmen, sich hinsetzen und den Pic-Film angucken. Eine herrliche Geschichte eines Clowns geniessen, eines Clowns, der eine Ruhe ausstrahlt, der uns mit einmaligen Geschichten verwöhnt, ob es Geschichten aus dem Leben oder Geschichten auf der Bühne sind - man verfolgt alles mit einem glücklichen Gefühl, stellt auch fest, dass Pic ein guter Schauspieler ist, schön sprechen kann und einen einmalig guten Gesichtsausdruck hat, ein Ausdruck der einen immer berührt. Thomas Ott hat gezeigt, dass er ein sehr sensibler Filmemacher ist, und uns wieder mal mit Bildern serviert, die uns beruhigen und zum Geniesser machen.»
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Schweiz
Dans la ville blanche (1982)
Alain Tanner
Schweiz
109′
Ein Ausflug nach Lissabon mit Bruno Ganz. Der verkörpert Paul, einen Seemann, der als Bordmechaniker im lärmenden Maschinenraum eines Meerschiffs arbeitet. In Lissabon legt sein Schiff an, er geht an Land und entscheidet sich, nicht zurückzukehren aufs Schiff. Paul durchstreift die Stadt und zeichnet mit seiner Super-8-Kamera Impressionen auf, die er seiner Frau Elisa in die Schweiz schickt. Gleichzeitig beginnt er eine leidenschaftliche Affäre mit der Pensionsangestellten Rosa (Teresa Madruga). Er schreibt seiner Frau weiter und verheimlicht ihr auch Rosa nicht, versichert ihr weiterhin seine Liebe. «Dans la ville blanche» ist Bruno Ganz auf den Körper geschrieben. Sein Paul steigt nicht nur aus dem Schiff aus, es ist, als würde er aus der Zeit aussteigen, in Lissabon Distanz schaffen zum Gewesenen. Alain Tanners Film handelt von jener Ruhe, von der ein Lexikonzitat zu einem Übernamen des Matrosen kündet: Ein Kapitän nannte ihn mal einen «Axeloten», das ist die Larve eines Salamanders in mexikanischen Sümpfen. Paul zieht sich in seine Larve zurück, und Tanner schafft den Bogen zu seinen Anfängen, zu «La Salamandre» aber stark auch zu «Le retour d'Afrique». Wer Lissabon liebt, wird auch fasziniert sein von den körnigen Filmaufnahmen Pauls, die nahtlos in die Erzählung integriert sind und wirken, als würde Bruno Ganz als Paul mit seiner kleinen Kamera die Stadt am Tejo aufschlitzen und in sie eindringen. (Walter Ruggle)
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Schweiz
Darwin
Nick Brandestini
Schweiz
87′
Eine unscheinbare Kreuzung an der Route 190 im kalifornischen Death Valley: Von dort führt eine einsame Strasse durch die kalifornische Wüste bis zur ehemaligen Minenstadt Darwin. Schulen, Kirchen und Behörden sucht man – abgesehen von einem Postamt – vergebens. Jobs gibt es keine, Kinder auch nicht. Die 35 Einwohner, die im Ort leben, sind Aussteiger, die ein Leben als isolierte Gemeinschaft führen. Was treibt die Menschen dazu, sich in einer bizarren Geisterstadt niederzulassen? «Darwin» ist das Porträt eines so aussergewöhnlichen wie uramerikanischen Ortes und seiner Menschen.
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Tschechische Republik
Das einsame Haus am Waldesrand (1976)
Jiri Menzel
Tschechische Republik
96′
Eine Familie aus der Grossstadt entdeckt während eines Ausflugs ein altes Bauernhaus. Sie verbringt dort fortan die Ferien und würde das Haus am liebsten kaufen. Der Besitzer, ein alter Bauer, scheint einverstanden zu sein, nur möchte er den Zeitpunkt selbst bestimmen. Inzwischen gewinnen die beiden Kinder in dem alten Bauern einen guten Freund. Time Out schrieb: «Nach fünf Jahren in politischer Ungnade gefallen war, war Jiří Menzel immer noch vorsichtig und vermied in 'Das einsame Haus am Waldesrand' geschickt jegliche gefährlichen Engagements oder Interpretationsmöglichkeiten. Es ist eine federleichte Komödie über die Schwierigkeiten, als Stadtfamilie auf dem Land leben zu wollen. Die ausgezeichnete Kameraführung wirft einen schimmernden, sommerlichen Dunst über die feine Mischung aus Zärtlichkeit und Humor, mit der Menzel typischerweise menschliche Schwächen beobachtet - damit wird der Film zu einer magischen Beschwörung einer verlorenen, einfacheren und entspannteren Welt.»
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Österreich
Das grosse Museum
Johannes Holzhausen
Österreich
94′
Am 16. Mai ist der internationale Tag des Museums unter dem Motto «Museen inspirieren die Zukunft – Museen mit Freude entdecken». Zu den musealen Genussorten gehört das Museumsviertel in Wien, wo sie alle schön vereint sind und Natur und Kultur in spannenden Ausstellungen vertieft werden können. Im Fokus hier steht das Kunsthistorische Museum - ob man's kennt oder nicht: die filmische Begegnung mit seinen Innereien ist eine bereichernde Seherfahrung. Der Film «Das grosse Museum» bietet einen neugierigen, verschmitzten und humorvollen Einblick in den Mikrokosmos eines bedeutenden Kunstmuseums, jenes von Wien. Eine Restauratorin ist der Geschichte eines mehrfach bearbeiteten Rubens-Gemäldes auf der Spur; ein anderer verzweifelt ausdrucksstark an der Reparatur eines Modellschlachtschiffs. Eine Frau vom Publikumsdienst fühlt sich am Haus nicht integriert; ein verdienter Sammlungsleiter wird in den Ruhestand verabschiedet. Es entsteht nicht nur das Portrait einer staatlichen Kultureinrichtung, die ihre Integrität mit Budgetvorgaben und Konkurrenzdruck ausbalancieren muss. Unangestrengt stellt «Das grosse Museum» auch weiter reichende Fragen: Wie lässt sich vermitteln zwischen der Bewahrung der Werke und ihrer zeitgemässen Präsentation? Welche Zwecke hat Kunst für die Selbstdarstellung einer Nation in Politik und Tourismus zu erfüllen? Dem Dokumentaristen Johannes Holzhausen gelingt ein behutsames Gleichgewicht zwischen dem einzelnen Moment und der übergreifenden Erzählbewegung, das schon seine früheren Arbeiten auszeichnete. Die präzise Kamera und der pointierte Schnitt dienen der geduldigen Beobachtung und Reflexion, so wie die ProtagonistInnen sich im Dienst einer Institution verstehen, die sie überdauern wird. Darin ist «Das grosse Museum» auch ein Film über Zeitlichkeit und Vergänglichkeit: Er setzt den tagtäglichen Betrieb in Bezug zur Tradition des Hauses, die in der Habsburger-Monarchie fusst, und zum Anspruch der Kunstobjekte auf Zeitlosigkeit.
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Schweiz
Der Bär in mir
Roman Droux
Schweiz
92′
Am äussersten Ende Alaskas erfüllt sich für den weitgereisten Filmemacher Roman Droux ein Traum. Er taucht in die Welt jenes Fabeltiers ein, das ihn seit seiner Kindheit fasziniert. Bärenforscher David Bittner nimmt ihn mit ins Land der Bären, in die letzte Wildnis Nordamerikas, in eine Welt, in der die Grizzlybären das Sagen haben und keine Spur menschlicher Zivilisation zu finden ist. Hier machen sich die beiden Abenteurer auf die Suche nach einem Bärenmännchen und einer jungen Bärin, zu denen David Bittner eine enge Beziehung aufgebaut hat: sein Freund Balu und seine grosse Liebe Luna. Die Bären kommen aus ihren Höhlen auf die saftigen Küstenwiesen, um in den kristallklaren Wildbächen und an den Stränden nach Lachsen zu suchen. Bald sind die beiden Männer umgeben von unzähligen Wildtieren, mitten in der Welt der Bären. Sie erleben die Fürsorglichkeit einer ausgehungerten Bärenmutter, die entkräftet versucht, ihre Jungen durchzubringen. Erleben Kämpfe riesiger Bärenmännchen. Droux bringt Bilder von einzigartiger Nähe und Emotionalität auf die Leinwand. Ein lebendiger Naturfilm für die ganze Familie, fern oberflächlicher Erklärungsversuche, der zeigt, dass wir die Magie der Natur nie vollständig erklären können, aber diese aus erster Hand hier erleben dürfen.
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Griechenland
Der Bienenzüchter - O melissokomos (1986)
Theo Angelopoulos
Griechenland
122′
Die letzte Reise Der alternde Lehrer und Imker Spiros hat nach der Trennung von seiner Frau und der Heirat seiner Tochter genug vom Leben und von seiner Familie. Er tritt eine letzte Reise in den Süden an mit einem Lastwagen voller Bienenkisten. Unterwegs nimmt er eine junge Anhalterin mit, zu der eine seltsame Beziehung entsteht, die ihn jedoch nicht von seiner Todessehnsucht abbringen kann. Der Film besticht durch seine einfühlsame, melancholische Darstellung, die in erster Linie durch die ausdrucksstarken Bilder und einen sehr sensibel spielenden Marcello Mastroianni geschaffen wird. Das Alter, der schmerzliche Verlust politischer Ideale, der gnadenlose Pragmatismus der Jugend, die Sprachlosigkeit in der Ehe: All diese Themen deutet der Film mehr an, als dass er sie explizit aussprechen würde. Und dem grossartigen Marcello Mastroianni gelingt es, sich in dieser filmischen Kunst des Andeutens zurückzunehmen und zum griechischen Imker zu verpuppen. Zur suggestiv melancholischen Stimmung trägt die von Eleni Karaindrou komponierte Filmmusik bei, in der Jan Garbarek mit seinem Saxophon das tragende musikalische Thema des Films spielt. Das von Tonino Guerra beflügelte Drehbuch lehnt sich an Motive des Romans «Der Tod eines Bienenzüchters» von Lars Gustafsson an.
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Griechenland
Der Blick des Odysseus - To vlemma tou Odyssea (1995)
Theo Angelopoulos
Griechenland
169′
Ein Monument von Film hat der Grieche Theo Angelopoulos über Liebe, Leidenschaften und verlorene Unschuld in diesem Jahrhundert geschaffen. Mit Harvey Keitel, der wie Odysseus durch den Balkan irrt. In einer nordgriechischen Kleinstadt weilt ein in die USA ausgewanderter Filmemacher zu Besuch. Man zeigt sein letztes Werk, in dem er über Grenzen nachdachte, die sich die Menschen derzeit wieder vermehrt schaffen. Der Regisseur - er wird gespielt vom Amerikaner Harvey Keitel (Smoke) - besucht seine alte Heimat freilich aus einem anderen Grund: Er ist daran, einen Dokumentarfilm über die Gebrüder Manakis zu realisieren, die vor 90 Jahren das Kino auf den Balkan brachten und hier die ersten Filme realisierten. Vordergründig erzählt Theo Angelopoulos (Die Wanderschauspieler, Der Bienenzüchter) nun die Geschichte eines Mannes, der durch den Balkan reist, um die ältesten Filmrollen des Halbkontinents zu finden. Sie führt ihn und uns von Griechenland über Albanien, Mazedonien, Bulgarien nach Rumänien und von dort die Donau hinauf nach Belgrad, um schliesslich in Sarajewo zu landen, jener Stadt, dem Brennpunkt der europäischen Geschichte in 20. Jahrhundert. Doch dies ist nur die Oberfläche eines filmischen Ozeans, von der der Grieche gleichsam abtaucht in die unergründlichen Tiefen. Walter Ruggle
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Griechenland
Der schwebende Schritt des Storchs (1991)
Theo Angelopoulos
Griechenland
136′
Theo Angelopoulos hat in seinen Filmen nie einfach Geschichten erzählt. Er weigerte sich, uns mit äusserlichen Handlungen etwas vorzumachen. Der Grieche liess Bilder sprechen, entwarf über eindringlich gestaltete Sequenzen ganze Seelenlandschaften und setzte sich mit seiner Filmsprache radikal vom verbreiteten gefilmten Theater ab. Seine Filme sind Marksteine im europäischen Kino. Natürlich gibt es auch bei ihm so etwas wie einen roten Faden, doch seine Filme leben von der Variation eines Themas im musikalischen Sinn: Im Fall von «Le pas suspendu de la cigogne» (Der schwebende Schritt des Storchs) ist es ein inzwischen noch aktuelleres: Jenes der Grenze. Ein Fernsehjournalist glaubt, in einer Flüchtlingsstadt einen Politiker ausgemacht zu haben, der vor einiger Zeit spurlos verschwunden war. Dieser (Marcello Mastroianni) hatte sich mit einer persönlichen Erklärung im Parlament verabschiedet und lediglich gesagt: «Es gab Zeiten, da herrschte Ruhe, und man konnte die Musik hören im Regen.» Seine Frau (Jeanne Moreau) sucht den Fremden auf, um zu sehen, ob er der Mann ist, mit dem sie verheiratet war. Der Film liess uns am Ende des 20. Jahrhunderts die Verfassung einer Welt wahrnehmen, in der viele unterwegs sind und nirgendwo ankommen können.
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Deutschland
Die 120 Tage von Bottrop (1997)
Christoph Schlingensief
Deutschland
62′
Alles geht schief: Regisseur Schlingensief wird zum Aufnahmeleiter degradiert und durch einen gewissen Sönke Buckmann ersetzt, dem Katja Riemann prompt den Bundesfilmpreis überreicht. Film als Albtraum – oder umgekehrt. Produzent Volker Spengler bespringt Komparsen, während Bundesinnenminister Kanther in einer Einspielung von der Bundesfilmpreisverleihung Katja Riemann und Till Schweiger – Heroen deutscher Filmkunst – huldigt; Irm Hermann liefert sich, in Erinnerung an gute, alte Fassbinder-Zeiten, eine Schlammschlacht mit Margit Carstensen … Letztere stürzt sich frustriert aus dem Fenster, als sie plötzlich realisiert, dass Fassbinder tot ist; Christoph Schlingensief (Martin Wuttke im Gewand des Dornen gekrönten Jesus Christus) verzweifelt an seinen organisatorischen Unfähigkeiten; die grössenwahnsinnige Leni Riefenstahl taucht auf dem Kamerabock auf; Irm Hermann mutiert angesichts dieses Umstandes zu Lieselotte Pulver … Und alle fragen sich fortwährend, ob und wann denn nun Helmut Berger am Set eintreffe. Gleichzeitig hetzt Agent Schlingensief mit Anzug und Handy durch das heisse Hollywood, trifft auf japanische Touristen, Udo Kier und den Regisseur Roland Emmerich. Das Filmprojekt muss schließlich scheitern, stellvertretend für den von Schlingensief todgeweihten Neuen Deutschen Film. DIE 120 TAGE VON BOTTROP sind Hommage und Abgesang an Fassbinder, an die Exzentrik und an den Wahnsinn einer längst vergangenen Zeit – und zugleich ein Remake von Pasolinis DIE 120 TAGE VON SODOM.
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Griechenland
Die Ewigkeit und ein Tag (1998)
Theo Angelopoulos
Griechenland
133′
Zum ersten Mal seit «Die Tage von 36» (1973) scheint in einem Spielfilm des Griechen Theo Angelopoulos wieder die Sonne. Sie erinnert in «Die Ewigkeit und ein Tag» umso intensiver an die Zeit des Glücks, die Jahre zurückliegt. Alexander nimmt Abschied. Der von Bruno Ganz über verschiedene Zeiten hinweg so gegenwärtig verkörperte Poet aus Saloniki hat noch einen Tag in dieser Welt vor sich. Und die Ewigkeit - wo auch immer. Angesichts des Todes wird dem Schriftsteller das Unvollendete an der menschlichen Existenz so richtig bewusst. Und die Flüchtigkeit der Zeit. «Alles ist so schnell gegangen», stellt Alexander fest. Sie «hätte diesen Moment anhalten sollen wie man einen Schmetterling im Fliegen anhalten möchte», liest er in einem Brief seiner vor drei Jahren verstorbenen Frau. Jetzt besucht er noch einmal die Tochter, die Mutter und die Haushälterin. Jetzt nimmt er Abschied von Orten voller Erinnerungen und vom Gefühl, die Liebe im Leben verpasst zu haben beim Versuch, dem Leben in der Poesie näher zu kommen. Walter Ruggle
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Österreich
Die Geträumten
Ruth Beckermann
Österreich
89′
Um Liebe und Hass, um richtige und falsche Worte, geht es in dem Film „Die Geträumten“. Im Zentrum stehen Ingeborg Bachmann und Paul Celan, die sich im Nachkriegswien kennengelernt haben. Deren Briefwechsel bildet die Textgrundlage.
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Griechenland
Die Jäger - Oi kynigoi (1977)
Theo Angelopoulos
Griechenland
149′
Am Silvestertag des Jahres 1976 findet eine Gruppe von Jägern in der Nähe des Joanninasees in Mittelgriechenland die Leiche eines Partisanen aus dem Bürgerkrieg der späten 1940er Jahre im Schnee. Das Blut, das aus dem Körper rinnt, ist frisch. Die Jägergruppe, alles Repräsentanten des Bürgertums, der Politik und Wirtschaft sowie ein abtrünniger Kommunist, bringen die Leiche in ihr Hotel, wo sie die Untersuchung und den Jahreswechsel erwarten. Sie erleben eine Silvesternacht, in der Geister und Ängste ihrer Vergangenheit sie beschäftigen. Da der Körper immer noch blutet, beginnt eine Reise hinein in die Geschichte der einzelnen Figuren und die Geschichte des Landes. Vergangenheit ist nie vorbei, sie lebt in der Gegenwart. Die Frage ist höchstens, wie die Gegenwart mit ihr umgeht. Die beeindruckende Parabel taucht in wenigen Kameraeinstellungen ein in die griechische Geschichte und die Mechanismen von Macht und Verantwortungslosigkeit. Die restaurierte Fassung des in der Zeit nach der griechischen Militärdiktatur in Cannes uraufgeführten Filme basiert auch dem Director's Cut von Theo Angelopoulos, der mit seinen Plansequenzen Filmgeschichte geschrieben hat.
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Griechenland
Die Reise nach Kythira - Taxidi sta Kythira (1984)
Theo Angelopoulos
Griechenland
139′
Was ist Heimat? Spiros, ein ehemaliger Partisan, kehrt nach 32 Jahren Exil in der Sowjetunion in seine griechische Heimat zurück. Hier wird er in jenem Dorf, das er einst verteidigt hat, Zeuge eines in Gang befindlichen Ausverkaufs von Boden wie von Idealen. Spiros versucht sich zu wehren, derweil sein Sohn, der Filmemacher Alexander, die Geschichte seines Vaters in einem Film fassen möchte. Theo Angelo-poulos selber bezeichnete den Film als eine Art Otto e mezzo und er beschrieb damit einerseits die Krise, in die hinein ihn der vorangegangene Mammut O Megalexandros gestürzt hatte, aber auch die Tatsache, dass er mit der Figur eines Filmemachers das Erfassen und Erzählen von Wirklichem thematisiert. Reise nach Kythira leitete eine neue Phase im Schaffen des Griechen ein. In den folgenden drei Filmen stehen ein Vater und sein Sohn, ein ins Alter gekommener Vater sowie ein Bub und seine Schwester im Zentrum. Die Handlungen sind in der Gegenwart angesiedelt, wobei ihre Wurzeln in der Geschichte liegen, von der in der Historischen Trilogie die Rede war. Der heimkehrende Spiros in Reise nach Kythira war ein Partisan und hat sich nach Russland ins Exil begeben. Jetzt kommt er zurück und findet jene Heimat, für die er einst sein Leben aufs Spiel gesetzt hatte, nicht mehr. Als Parallelhandlung, die sich mit der Haupthandlung trifft und mit ihr eins wird, erleben wir den Sohn, der einen Film vorbereitet über einen Vater, der aus dem Exil heimkehrt und daheim heimatlos ist. Unvergesslich ins Gedächtnis eingeschweisst hat sich das geniale Ende des Films, in dem der alte Mann mit seiner Frau aufs offene Meer hinaustreiben, weil er die notwendigen Papiere nicht hat und so auf internationale Gewässer abgeschoben wird. Walter Ruggle
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Schweiz
Die vierte Gewalt
Dieter Fahrer
Schweiz
98′
Die Schweizer Medienlandschaft, einst von erfrischender Vielfalt geprägt, wird aktiv geschrumpft. Qualität im Journalismus und gesellschaftliche Funktion werden reinem Renditedenken geopfert. Der finanzielle Gewinn für die Besitzer soll hoch sein, nicht der geistige Gewinn für die Lesenden. So zumindest auf Konzernebene. Aber es entstehen neue Formen, die mitunter unabhängiger sind als die alten und so mehr zur demokratischen Meinungsbildung beitragen. Der Berner Filmemacher Dieter Fahrer hat einen sehr persönlichen Ansatz gewählt für seine filmische Auseinandersetzung mit der Frage, wie Nachrichten, Berichte und Analysen gemacht werden. Als er 2018 seine Reise durch den Medienkonsum der eigenen Familie unternommen hat, gab es in Bern noch zwei Tageszeitungen. 2021 wurden sie von der Zürcher Tamedia zwecks Gewinnoptimierung redaktionell zusammengelegt und eigentlich nur noch als Etiketten belassen, denn der so genannte Content stammt vom Zürcher Tages-Anzeiger; er wird in Bern unter zwei Berner Namen verbreitet, in Basel unter einem, in der Region Zürich unter diversen. In seinem Film «Die vierte Gewalt» erzählt Dieter Fahrer von einem anderen Medienverständnis und gewährt nahe Einblicke in den Arbeitsalltag beim ehemaligen Berner «Bund», beim «Echo der Zeit» von Radio SRF, dem Onlineportal «Watson» und in die Pflege einer anderen Medien-Idee bei der «Republik». Der Film ist wichtig in einer Zeit, in der Fakten als Fake News bezeichnet werden, Lügen als Wahrheiten verbreitet werden, False Balances den Informationsgehalt prägen und Sparmassnahmen auf den Redaktionen an der Qualität der Publikationen nagen.
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Griechenland
Die Wanderschauspieler - O Thiasos (1975)
Theo Angelopoulos
Griechenland
232′
Geschichte ist Gegenwart, der Grieche Theo Angelopoulos der Filmemacher, der im Zeitmedium Film sämtliche Zeitstrukturen aufzulösen versteht, um sie neu zusammenzufügen und so zeitlose Zusammenhänge bewusst zu machen. In seinem Meisterwerk «O Thiasos» (Die Wanderschauspieler, 1974/75) lässt er eine Schauspieltruppe durch Raum und Zeit reisen, spiegelt er an dieser Gruppe die Geschichte zwischen 1936 und 1952. Auf ihren Reisen führt die Truppe über die Jahre hinweg das Schäferstück 'Golfo, die Schäferin' auf. Angelopoulos verknüpft die äusseren Umstände ihres Lebens und Arbeitens zu einem faszinierenden und vielschichtigen Gewebe, in dem verschiedene Zeiten sich an bestimmten Punkten treffen, Zusammenhänge und Tendenzen erkennbar werden. Dabei spielt er sein Stück auf verschiedenen Ebenen durch, von der privaten über die berufliche bis hin zur historischen und mythologischen. Geschichte und Politik werden anschaulich erfasst, Theater und Leben immer wieder von hîheren Zusammenhängen überschattet. Es ist die kollektive Erinnerung, in die uns Angelopoulos zurückführt.
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Schweiz
Die weisse Arche
Edwin Beeler
Schweiz
89′
Früher oder später muss jeder an eine Beerdigung. Es sind nicht die angenehmsten Fragen, die dann auftauchen. Wann bin ich dran? Wie werde ich einmal sterben? Der Film stellt sich diesen Fragen. Wer sie zulässt, erfährt Antworten, die vielfältiger sind, Horizonte, die sich weiten. Der Film beschäftigt sich mit Spiritualität, mit Sinn- und Wertfragen. Er thematisiert die begrenzte menschliche Erkenntnisfähigkeit und versucht, bis an deren Grenzen zu gehen.
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Schweiz
Do it (2000)
Sabine Gisiger und Marcel Zwingli
Schweiz
97′
Sechzehn Jahre alt ist der Zürcher Daniele von Arb, als er 1970 mit zwei Freunden eine revolutionäre Zelle gründet und in den bewaffneten Untergrund zieht – die Gruppe taucht ein paar Jahre später in den Akten der CIA unter dem Codenamen «Annebäbi» auf. Daniele
 und seine Genossen versuchten, mit spektakulären Aktionen für ihre Anliegen zu kämpfen. So räumten sie Schweizer Armeedepots aus und belieferten die italienischen Brigate Rosse und die deutsche RAF mit Sprengstoff. Erst 1975 flog die Gruppe auf. Zwanzig Jahre später ist Daniele von Arb nach mehrjähriger Haftstrafe ein erwachsener Mann, der als Wahrsager und Zukunftsforscher arbeitet. Mit einer guten Mischung aus Ironie und Ernsthaftigkeit rollen Sabine Gisiger («Yalom's Cure») und Marcel Zwingli den Fall auf und werfen einen kritischen Blick auf linken Extremismus, ohne dessen Anliegen abzuwerten. Mit exklusivem Archivmaterial und Zeitzeugeninterviews bietet «Do It» eine humorvolle und spannende Rückschau auf ein Stück Zürcher Geschichte.
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Tschechische Republik
Ein launischer Sommer (1968)
Jiri Menzel
Tschechische Republik
76′
Sommer auf dem Lande: Die Leidenschaft ist für den Badehausbesitzer Antonín und dessen Freunde, dem kirchlichen Kanoniker Roch und dem Major Hugo, zu einer Sache der Betrachtung geworden, was von Antoníns üppiger und lüsterner Frau Katerina bedauert wird. Als Repräsentanten des Bürgertums geben sich die Drei der Reflexion, der sie umgebenden Schönheit und der Nostalgie ihrer provinziellen Welt hin, bis sie eines Tages die Zirkus-Karawane des Seiltänzers Arnoštek und dessen schöne blonde Assistentin Anna erreicht. Fortan ringen die Männer um die Verführung Annas mit ihren geheimsten Wünschen. "Mysterien und Zerstreuung" verspricht Arnoštek, ein Alter Ego Menzels, den er in seiner Verfilmung der Novelle von Vladislav Vančura selbst spielt. An Arnoštek, dem Künstler mit dem tiefroten Umhang, konturiert sich in einer bitteren Farce der revanchistische Geist der Kleinbürger: Weil der Seiltänzer einmal doch fallen müsse, rüttelt ein erboster Zuschauer an dem Seil, bis dieser fällt. Um Spenden für den verletzten Artisten gebeten, antworten die Anwesenden, er wäre keineswegs arm dran und verdiene vielmehr Prügel.
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Schweiz
Ein Lied für Argyris (2005)
Stefan Haupt
Schweiz
105′
Argyris Sfountouris überlebte 1944 vierjährig ein brutales Massaker der deutschen Besatzungsmacht, verlor seine Eltern und 30 Verwandte, kam als griechisches Waisenkind ins Kinderdorf Pestalozzi in die Schweiz und doktorierte an der ETH Zürich. Ein Leben lang, charmant und von melancholischer Heiterkeit, hat er sich mit diesem Wahnsinn auseinandergesetzt, der ihm als Kind widerfahren ist. Hat versucht, damit zu leben – und auch nach aussen etwas zu bewirken. Ein Film über die schier unlösbaren Schwierigkeiten einer echten Aussöhnung, die Suche nach Frieden – eine Reise mit offenem Ausgang. Stefan Haupt hat einen zutiefst bewegenden Film gestaltet, nicht nur für jene, die zu Griechenland eine Beziehung haben und dieses faszinierende Land lieben: Die eine Lebensgeschichte des Argyris steht für viele andere, und sie steht für Geschichten, die sich heute ereignen an den verschiedensten Orten dieses Planeten. Das grosse Verdienst von Haupt ist es, dass er es wagt und schafft, von einem einzelnen “Opfer der Geschichte” zu sprechen und über dieses Sprechen von den anderen Opfern mit erzählt. Normalerweise haben in der Geschichtsschreibung ja nur die Täter Namen und vielleicht noch besonders heldenhafte Opfer.
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Schweiz
Facing Mecca
Jan-Eric Mack
Schweiz
27′
Pensionär Roli hilft dem syrischen Flüchtling Fareed, seine Frau in der Schweiz zu beerdigen. Dabei stossen sie auf unüberwindbare, bürokratische Hindernisse. Doch Roli hat einen Plan.
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Schweiz
Fair Traders
Nino Jacusso
Schweiz
90′
Es muss doch einen anderen Weg geben! Dieser Gedanke war Ausgangspunkt für eine radikale Neuorientierung von zwei Unternehmerinnen und einem Unternehmer: Sina Trinkwalder, früher Besitzerin einer Marketing-Agentur, fertigt heute Zero-Waste-Kleider mit Angestellten, die auf dem Arbeitsmarkt kaum eine Chance hätten. Der Textilingenieur und ehemalige Garnhändler Patrick Hohmann hat in Indien und Tansania zwei Grossprojekte für die Herstellung von Biobaumwolle aufgebaut. Und die aus dem pädagogischen Bereich kommende Claudia Zimmermann betreibt jetzt mit ihrem Partner einen Biohof mit angeschlossenem Dorfladen und engagiert sich gegen Food Waste. Faire Arbeitsbedingungen und biologische Herstellung mit dem Kostendruck der freien Marktwirtschaft zu vereinbaren ist für die drei ein ständiger Balanceakt – doch sie beweisen, dass es wirtschaftlich möglich ist, sozial, ökologisch und gleichzeitig erfolgreich zu produzieren. «Fair Traders» zeigt drei Persönlichkeiten aus drei Generationen, die in der Schweiz, in Deutschland, Tansania und Indien alternative Ideen umsetzen und Nachhaltigkeit als Versprechen für die Zukunft einlösen. Der renommierte Schweizer Regisseur Nino Jacusso macht ihre Philosophie und ihre Arbeit in seinem facettenreichen, inspirierenden Film sinnlich und emotional miterlebbar. «Fair Traders» ist engagiertes Kino mit starken Bildern, das Mut macht, aktiv an der fairen Gestaltung unserer Zukunft teilzunehmen.
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Italien
Figlia mia
Laura Bispuri
Italien
97′
Die zehnjährige Vittoria wächst in einem vom Tourismus unberührten sardischen Dorf auf. Eines Tages trifft sie bei einem Rodeo die ungestüme Angelica, die so ganz anders ist als ihre fürsorgliche Mutter Tina. Vittoria ahnt nicht, dass die beiden Frauen ein Geheimnis verbindet. Seit langer Zeit schon besucht Tina Angelica auf ihrem heruntergekommenen Hof, wo sie mit einigen alten Pferden und einem treuen Hund in den Tag hineinlebt. Tina ist nicht wohl dabei, dass Angelica und ihre Tochter Vittoria sich näher kennenlernen. Das Mädchen ist fasziniert von dieser Frau, die vor nichts Angst hat, ihre eigenen Wege geht und mit der sie die Insel neu entdeckt. Wie schon in ihrem Regiedebüt «Vergine giurata» begleitet Laura Bispuri eine Heldin, die sich mit ganz unterschiedlichen Vorbildern konfrontiert sieht, diese imitiert und hinterfragt und sich dabei ihrer selbst bewusst wird. Das warme Licht des sardischen Sommers begleitet Vittoria bei ihrer aufwühlen den Expedition. Mit Valeria Golino als Tina und Alba Rohrwacher als Angelica.
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Tschechische Republik
Firemen's Ball (1967)
Milos Forman
Tschechische Republik
73′
1968 bedeutet für die Menschen im Osten Prager Frühling. Unvorhergesehene Ereignisse stören den Ablauf des Feuerwehrballs: Eine Miss-Wahl endet im Fiasko, die Tombola-Preise verschwinden, die Ehrung des Jubilars fällt einem Brand zum Opfer, zu dem die Feuerwehr wegen des Festes zu spät kommt - die Veranstaltung endet im Chaos. Forman betrachtet das Geschehen in seiner Comédie humaine, Neorealismus trifft auf einen warmherzigen Humor. Den Zensoren war der Film suspekt: 1969 wurde er verboten.
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Schweiz
Fourbi (1996)
Alain Tanner
Schweiz
117′
In seinem erfrischend lockeren Spielfilm 'Fourbi' variiert Alain Tanner seinen Kultfilm 'La Salamandre' und zaubert aus Molières Alexandriner einen Rap. Ein Viertejahrhundert war es 1996 her, seit Alain Tanner 'La Salamandre' gedreht hatte. Ein Journalist und ein Schriftsteller wollten darin aus einem Fait divers ein TV-Drehbuch schreiben und näherten sich jener Frau an, die Auslöser ihrer Geschichte war. Sie hiess Rosemonde, und Bulle Ogier verlieh ihr ein unvergessliches Gesicht. In Paris stand das Publikum Schlange, um Rosemonde an der Wurstmaschine zu erleben, und auch in der Schweiz wusste es den Blick aufs Naheliegende zu schätzen. Anfangs der 70er Jahre gehörte das eigene Filmschaffen zum kulturellen Pflichtstoff. Und es war Kür. Rosemonde hat in 'Fourbi' ihren Namen behalten, aber das Gesicht gewechselt. Die Französin Karin Viard ist eine ideale Neubesetzung. Vier junge Menschen lernen sich zufällig kennen - und schätzen. In einer Welt voller Individualisten und Wichtigtuer strebt jeder rücksichtslos dem eigenen Wohlstand nach. Was bleiben kann, ist das Glück der kleinen Begegnungen, das Leben neben den Kriegsschauplätzen der Marktwirtschaft. Alain Tanner spielt gegen das Chaos der Gegenwart mit spürbarem Vergnügen die Ordnung von Molières Alexandrinern aus, auf dass die beiden sich am Ende in einem Rap begegnen. Diskursiv ist sein Film und unterhaltsam. Spürbar ist dafür die alte Kraft der Direktheit, die Lust am Fragmentieren, an den langen Einstellungen. Und für unverbesserliche Nostalgiker grüsst da und dort die Tanner´sche Antike: Jean-Luc Bideau als Metzger, Jacques Denis als Wirt.
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Deutschland
Gerhard Richter Painting
Corinna Belz
Deutschland
101′
Gerhard Richter, einer der international bedeutendsten Künstler der Gegenwart, öffnete der Filmemacherin Corinna Belz im Frühjahr und Sommer 2009 sein Atelier, wo er an einer Serie grosser abstrakter Bilder arbeitete. «Gerhard Richter Painting» gewährt einmalige Einblicke in die Arbeit des Künstlers. In hoch konzentrierten Einstellungen lässt uns der Film an einem sehr persönlichen, spannungsgeladenen Schaffensprozess teilhaben. Wir sehen, wie Richter malt, wie er seine Bilder betrachtet und beurteilt, wie er überlegt, abwartet, verwirft, überarbeitet, manchmal auch zerstört und neu beginnt. Corinna Belz lässt uns in ihrem klugen, einfühlsamen Film den vielschichtigen Vorgängen künstlerischen Schaffens näher kommen. Der Blick auf die Leinwand erweitert und verändert sich. Die Bilder werden selbst zu Protagonisten. «Gerhard Richter Painting» ist das eindringliche Porträt eines Künstlers bei der Arbeit – und ein faszinierender Film über das Sehen selbst. Der Bayrische Rundfunk hielt fest: «'Gerhard Richter Painting' ist gerade deshalb so aufschlussreich, weil der Film den Prozess des Erschaffens mit all seinen Unsicherheiten und Irrwegen zeigt. Selbst Richter kann nicht erklären, was genau da passiert, weil Worte und Malerei für ihn nicht zusammengehen. Richter hat sich die Skepsis zum Arbeitsprinzip gemacht und scheint in permanenter, kritischer Kommunikation mit der Leinwand zu stehen: aufmerksam, offen – und zweifelnd.» Richters emotionaler letzter Satz bringt die Qualitäten von 'Gerhard Richter Painting' auf den Punkt: 'Mann, macht das Spass!'» Deutscher Filmpreis 2012: Bester Dokumentarfilm
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Schweiz
Höhenfeuer (1985)
Fredi M. Murer
Schweiz
114′
Unter den Schweizer Bergfilmen ist Fredi Murers «Höhenfeuer» sozusagen das Pièce de résistance: Die Geschichte von der Bauerntochter Belli und ihrem tauben Bruder Bueb, die mit ihren Eltern auf einem Hof über einem jener Bergtäler leben, aus denen es einen in die Höhe drängt, an die Sonne und an einen Ort, an dem es weniger eng wirkt. Die Enge mag sich an den steilen Hängen dann anderswie wieder einstellen, denn sie gehört in dieser Weltgegend offenbar dazu. Ausgerechnet der gehörlose Sohn ist es, der die Familie von Zeit zu Zeit zum Reden bringt, über ihn und seine Eigenheiten und die besonderen Erfahrungsformen. «Höhenfeuer» ist ein Berglerfilm und ein Heimatfilm im besten Sinn des Wortes. Er hat tiefe Wurzeln, die ihn so zum Blühen bringen, dass das, wovon er erzählt, überall verstanden wird. Einsamkeit kennt keine Geografie, aber sie gründet auf engen Voraussetzungen. Ausgezeichnet mit dem Goldenen Leoparden von Locarno wurde «Höhenfeuer» inzwischen in zwei verschiedenen Umfragen zweifach zum Besten Schweizer Film aller Zeiten erkoren.
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Serbien
Honeymoons (2009)
Goran Paskaljevic
Serbien
92′
Zwei junge Paare aus Serbien und Albanien entscheiden sich mit Lebenslust und unbekümmert, der jüngsten Vergangenheit auf dem Balkan zu entkommen. Maylinda und Nik leben in den albanischen Bergen, Vera und Marko in Belgrad. Alle vier wünschen sie sich, an einem anderen Ort ihre Träume zu verwirklichen. Das albanische Paar zieht es nach einem Hochzeitsfest in Tirana ins nahe Italien, die serbischen Verliebten möchten nach einer Hochzeit auf dem Land via Ungarn nach Wien, wo der Mann zum Vorspielen im Symphonieorchester eingeladen ist. An den Grenzen zu Europa bleiben die vier fürs Erste hängen. Mit feinem Gespür für die unterschiedlichen Kulturen und unbeschönigendem Blick auf die Gegegenwart erzählt Goran Paskaljevic die doppelte Aufbruchsgeschichte. Still lässt er in den Figuren die Verletzungen der Vergangenheit anklingen, die noch nicht überwunden sind, zeigt er, was die Vorurteile des Alltags bewirken können und wie Fundamentalismen das freie Leben belasten. Maylinda, Nik, Vera und Marko wollen einfach leben und glücklich sein. «Honeymoons» ist eine besinnliche und auf Versöhnung angelegte Geschichte aus dem Heute, ein Film, der einen Eintauchen lässt ins Leben auf dem Balkan.
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Weissrussland
Im Nebel
Sergei Loznitsa
Weissrussland
123′
Sushenya ist nicht hingerichtet worden, im Gegensatz zu seinen Kollegen. Alle waren sie des Widerstands gegen die Besatzung für schuldig befunden worden. Jetzt wird Sushenya der Kollaboration verdächtigt und von zwei Partisanen abgeholt. Dabei hat er sich immer korrekt und aufrichtig verhalten. In wenigen Einstellungen betrachtet Sergei Loznitsa in seinem meisterlich stillen Film, wie ein einfacher Mann, der ehrlich durchs Leben ging, in einer schwierigen Zeit versucht, sich selber treu zu bleiben. In seiner Verfilmung einer Novelle von Vasily Bykov stellt der Weissrusse elementare Fragen des menschlichen Daseins und führt uns vor Augen, in welche Situationen einer geraten kann, ohne Schuld auf sich geladen zu haben. Sein Film, den er mitten in der Unschuld der Natur gedreht hat, ist zwar in der Vergangenheit von 1942 angesiedelt, doch das, was er erzählt, ist gegenwärtig und universell. Ein klassisches Drama, das Leo Tolstoi geschrieben haben könnte und Andrei Tarkowski in Bilder umgesetzt. Sergei Loznitsa ist ein Name, den man sich merken sollte. Er ist ein Filmemacher, der die Reduktion aufs Wesentliche versteht, und wurde in Cannes nicht umsonst mit dem Preis der Internationalen Filmkritik ausgezeichnet. Gebannt schaut man in diesem Film zu, ob einer, der keine Schuld auf sich geladen hat, unschuldig überleben kann. Gebannt folgt man den drei Figuren, die im Zentrum stehen und um die sich alles dreht, durch das Dickicht des Waldes, in dem bald nicht mehr alle wissen, wo es langgeht und ob in der Richtung, in der sie gehen, nun der Freund oder der Feind sein wird.
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Tschechische Republik
Jiri Menzel - To Make A Comedy Is No Fun
Robert Kolinsky
Tschechische Republik
79′
Jiří Menzel gehört zu den talentiertesten Komödienregisseuren des Kinos. In seiner persönlichen Annäherung «To Make a Comedy is no Fun» beschreibt der Schweizer Musiker Robert Kolinsky das Werk Menzels und erzählt erstmals die Geschichte dieses aussergewöhnlichen Filmemachers, Theaterregisseurs und Menschen. 1968, gerade mal 28-jährig, holte sich der Tscheche mit der Komödie Scharf Beobachtete Züge den Oscar für den besten nicht englischsprachigen Film. Es wurde ein Schlüsselwerk des Prager Frühlings. Trotz Oscar und Angeboten widersteht der junge Menzel dem US-amerikanischen Traum und kehrt in die kommunistisch regierte Tschechoslowakei zurück, wo er das Academy Award Diplom an die Wand auf der Toilette hängt. Er fühlt sich den eigenen Landsleuten verpflichtet. Zurück in Prag kämpft er für den Lebensunterhalt und gegen die politische Zensur. Mit gelegentlichen von Kollegen aus dem Ausland (z.B. Costa-Gavras) angebotenen Schauspieljobs, hält er sich über Wasser. Sein erster Film nach der Oscarauszeichnung Lerchen am Faden wird 1969 verboten und in den staatlichen Tresor verbannt. Erst 21 Jahre später kann der Film an der Berlinale 1990 seine internationale Premiere feiern und erhält auch prompt den Goldenen Bären. In den Jahren zwischen der Niederschlagung des Prager Frühlings und der so genannten samtenen Revolution Ende der 1980-er Jahre muss Jiří Menzel lernen, sich mit dem verhassten Regime zu arrangieren. So bleibt er trotz Berufsverbot bei den staatlichen Filmstudios in Prag angestellt, bekommt Bücher zu lesen und muss schriftlich begründen, warum man daraus keinen Film machen kann. Mit einem Arbeiterfilm gelingt ihm seine Rückkehr. Miloš Forman sieht darin eine typisch tschechische Überlebensstrategie: Dem Unglück mit Humor und Bier zu begegnen! Jiří Menzel selbst hat seine Mission jedenfalls in der Heimat erfüllt: "Sie lachen, sagte ich mir, also habe ich was für ihre Gesundheit getan." Und er schafft es seine politischen Botschaften so zu verstecken, dass das Regime sie nicht bemerkt. Im dokumentarischen Essay von Robert Kolinsky kommen unter anderem Milos Forman, Istvan Szabo, Werner Düggelin, Ken Loach, Vera Chytilová, Julia Jentsch und Emir Kusturica zu Wort, die uns die aussergewöhnliche Geschichte Jiří Menzels Leben und seiner Karriere nahebringen.
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Schweiz
Jonas qui aura 25 ans dans l'an 2000 (1976)
Alain Tanner
Schweiz
116′
Acht junge Menschen, geprägt von den Ereignissen der 68-Bewegung und zugleich enttäuscht von deren Ergebnissen, schliessen sich zusammen. Max, ein unzufriedener Redakteur, Myriam, eine Rothaarige, die auf tantrischen Sex steht, und Marie, eine Supermarktkassierin, die älteren Menschen unerlaubte Rabatte gibt, suchen auf einem Gemeinschaftsbauernhof nach einem neuen Sinn. Und setzen alles auf den kleinen Jonas, der in ein besseres Jahrtausend hineinwachsen soll. Ein Film über Hoffnungen und die Suche nach einer konkreten Utopie – lustig, bewegend und ermutigend. Kaum ein Schweizer Film hat seine Zeit so geprägt und mit geschrieben, wie «Jonas». Es war eine Zeit kollektiver Träume, Mitte der 1970er Jahre, es war eine ausgesprochen cinéphile Zeit. «Ist die Zeit eine Blutwurst?», fragt Jacques Denis als Geschichtslehrer seine Klasse im Film. Denis stand 1975, eine meterlange Blutwurst hochhaltend, vor der Landkarte «Le monde arabe» im Schulzimmer und wollte von den Schülerinnen und Schülern wissen: «Worin bestehen die Windungen der Zeit?» Die Idee des Fortschritts sei es gewesen, «dass die Eroberer nicht nur Sieger, sondern ausgewählte höhere Wesen waren, die "die Flaschen der niedrigen Kulturen" geöffnet hätten, aus ihnen ihren Durst stillten und die Flaschen dann an der nächsten Wand zerschmetterten». Schaut man sich im Heute um, so staunt man einmal mehr über das Visionäre im Kino von damals und darüber, wo das Leben und die Geschichte uns hingebracht haben. Alain Tanner blickt hinein in den Alltag von ein paar Menschen, die Träume haben und sie zum Teil auch umsetzen wollen, und dies vor den Toren von Genf, mitten unter uns.
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Schweiz
Kurzfilme - Markus Imhoof (1968)
Markus Imhoof
Schweiz
75′
Happy Birthday Markus Imhoof (Schweiz, 1968, 9 Min.) Just an seinem 16. Geburtstag fährt Röbi Keller den Wagen seines Vaters zu Schrott. Der Polizei erzählt er, wie es dazu kam. Markus Imhoof schildert exemplarisch, wie 1967 die Jugend aus den von der Elterngeneration besungenen «goldenen Mittelwegen» ausschert, die in die Maschinerie des kapitalistischen Bürgertums führen. Die Hauptrolle spielt sein späterer Kameramann Lukas Strebel. Rondo Markus Imhoof (Schweiz, 1968, 42 Min.) In seinem Dokumentarfilm über die Strafanstalt Regensdorf konfrontiert Imhoof die gesetzlichen Grundlagen des Strafvollzugs und die hehren Worte des Anstaltspersonals über Erziehung und Wiedereingliederung samt kulturellen Angeboten mit Aussagen der Häftlinge, deren realer Zuchthausalltag ganz anders aussieht. Diese unerbittliche Entlarvung war dem Direktor der Strafanstalt so zuwider, dass er ein Aufführungsverbot für Rondo erwirkte. Erst 1975 konnte der Film mit einem vorgeschalteten mündlichen «Disclaimer», wonach das alles nicht mehr aktuell sei, gezeigt werden. Ormenis 199+69 Markus Imhoof (Schweiz, 1969, 25 Min.) Die Schweizer Kavallerie besteht aus Soldaten, die es sich leisten können, ein Pferd nicht nur zu kaufen, sondern auch für seinen Unterhalt aufzukommen. Kein Wunder, gibt es in dieser Truppengattung «keine Linksextreme», sodass das Land um den Einsatz der Kavallerie beim Generalstreik «froh sein» konnte. Die rückwärtsgewandte Romantisierung der Kavallerie steht im Gegensatz zu deren Realität: Für die Pferde ist der Einsatz im Kriegsdienst psychisch und körperlich sehr belastend, und wie in der Landwirtschaft wird auch beim Militär das Pferd zunehmend durch die Technik verdrängt. Ormenis 199+69, benannt nach Markus Imhoofs eigenem Kavalleriepferd, wurde von den Kavallerieverbänden finanziell unterstützt, dann aber auf deren Vorstoss hin mit einem Aufführungsverbot belegt und lange nur zensiert gezeigt.
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Italien
L'intrepido
Gianni Amelio
Italien
111′
Antonio Pane (Antonio Albanese) ist ein in sich ruhendes Gemüt, ein rundum zufriedener Mensch, wie man ihn heute selten noch antrifft. Er klagt nicht, er hilft und packt zu. Engelsgleich bewegt er sich durchs Leben und durch den Alltag Italiens. Wir erleben ihn beim Ausüben der unterschiedlichsten Berufe, denn Antonio hat sich seinen eigenen Beruf geschaffen: Er ist ein Intrepido, ein Unverzagter, einer, der andere an ihrem Arbeitsplatz für ein paar Stunden ersetzt. Ja, es kommt vor, dass einer an eine Hochzeit sollte, zum Arzt oder mit seiner Tochter reden möchte, schliesslich braucht alles seine Zeit. Eingespannt ins Arbeitsleben, obendrein in einem krisengeschüttelten und von unfähigen PolitikerInnen ruinierten Land wie Italien, kann man da nicht so einfach weg. Ausser man engagiert sich den praktischen Intrepido Antonio: Der mauert, fährt Tram, führt Pizzas aus oder bügelt. Eigentlich ist er selber ja arbeitslos, aber er mag nicht Trübsal blasen oder klagen: Antonio ist ein in sich ruhender, glücklicher und liebevoller Mensch. Eine Kunstfigur natürlich, denn wo gibt's so was noch. Aber eben eine Figur, die uns auf entspannte Art ein wenig darüber nachdenken lässt, wie eingespannt wir alle sind. Geld, hat Antonio sich gesagt, ist nicht alles, was zählt. Man sollte aber schon schauen, dass man in Form bleibt und sich nicht fallen lässt, wenn das wirtschaftliche Umfeld nicht mehr rosig ist. Gianni Amelio (Ladro di bambini) hat diese wunderbare Figur geschaffen, mit der er uns die erträgliche Leichtigkeit des Glücklichseins vor Augen führt und wir uns dabei ertappen mögen, Antonio als Figur von einer anderen Welt zu sehen. Ein amüsierter und melancholischer Blick auf Italien, ein Land, das man eigentlich lieben möchte, weil es die schönste Sprache hat, das beste Essen, atemberaubende Landschaften und kulturelle Schätze und gesprächsfreudige Menschen.
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Griechenland
Landschaft im Nebel - Topio stin omichli (1988)
Theo Angelopoulos
Griechenland
120′
Zwei Kinder unterwegs Voula und Alexander sind zwei Kinder, deren Vater in Deutschland arbeitet. Eines Tages besteigen die beiden in Athen den Zug in der Absicht, ihn zu suchen. Immer wieder werden sie auf ihrer Reise durch Griechenland von Realitäten eingeholt und aufgehalten. Sie begegnen unter anderem der Schauspieltruppe, die in O Thiasos unterwegs war, sie kommen am Ende zu einem Baum der Hoffnung. In Landschaft im Nebel, dem letzten Film in der «Trilogie des Schweigens», erzählt uns der Grieche Theo Angelopoulos, basierend auf einer Zeitungsnotiz, ein Märchen, und wir sitzen da, sehen, lauschen und staunen. Wer einsteigen will, braucht nur die Angst abzulegen und zu jener kindlichen Unschuld zurückzufinden, die Voula und Alexander auf ihrer Reise leitet. Es ist eine Initiationsreise - und auf die Welt lässt sie uns genauso kommen wie weg von ihr, hin zu einer vagen Hoffnung davon, dass aus dem sich lichtenden Nebel am Ende doch noch ein Stück Grün, ein Baum, Leben erahnbar wird, getreu der Genesis, die er mehrmals zitiert: «Am Anfang herrschte Dunkelheit, und dann kam das Licht.» Muss man noch beifügen, dass auch in diesem Sinn im Film die Welt immer wieder von neuem geschaffen wird: Aus der Dunkelheit kommt Licht. Voula ist es, die feststellt: «Diese Geschichte hört nie auf, man unterbricht uns ständig.» Sie zieht damit einen Bogen innerhalb der Welt, in der sie und ihr Bruder sich während zweier Stunden bewegen. Wichtig ist die Innenwelt, jenes Land, das mit der Seele gesucht wird. Es existiert in der Fantasie, gebildet aus Realität und Poesie. Es ist eine Reise auch durch das geistige Land des Theo Angelopoulos, durch ein Land, das keine Grenzen kennt, in dem von Film zu Film Figuren kommen, gehen, wieder auftauchen. Walter Ruggle
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Schweiz
Le retour d'Afrique (1973)
Alain Tanner
Schweiz
107′
Der dritte Film von Alain Tanner ist eine Ode an die freie Rede und an die Worte, «die wir anderen sagen, die wir im Stillen sagen». Er ist geprägt von der Sprache eines Dichters und von einem Text, der die Jugend des Filmemachers tief geprägt hat: das 1939 von Aimé Césaire geschriebene «Cahier d'un retour au pays natal» (Buch einer Rückkehr ins Heimatland). Der Text des Dichters von den Antillen ist die lebendige Quelle, aus der die Gesten und Worte der Hauptfigur Vincent sprudeln, einem Mittdreissiger aus Genf, den die Langeweile seines Daseins als wohlhabender Westler übermannt und der beschliesst, seinen Besitz zu verkaufen und mit seiner Verlobten nach Algerien zu verreisen. Sie verabschieden sich von allen, aber am Tag vor der Abreise verhindern zufällige Umstände die Abreise des Paares. Es beschliesst, seinen Traum von der Flucht trotzdem zu verfolgen, indem es in der leeren Wohnung versteckt lebt. Einmal mehr zeigt Alain Tanner, dass es auf den Weg ankommt und nicht auf das Ziel, auf die gestellte Frage und nicht auf die Antwort.
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Tschechische Republik
Lerchen am Faden (1969)
Jiri Menzel
Tschechische Republik
95′
«Wir werden unseren friedlichen Stahl den imperialistischen Kriegstreibern in die Kehle schütten.» Unter Propagandatransparenten wie diesem schuften Zwangsarbeiter auf einem Schrottplatz. Wir schreiben das Jahr 1949, in der Tschechoslowakei hat sich das kommunistische Regime gerade installiert und sperrt «Konterrevolutionäre» zu Tausenden zur «Umerziehung» in Arbeitslager. Frauen und Männer sind strikt getrennt, Kontaktaufnahme streng verboten, doch mit viel List schaffen es Menschen auch hier, in den Ruinen einer absurden Ordnung ihre Liebe zu leben. Der Anfang 1969 fertiggestellte Film ist die dritte Zusammenarbeit zwischen Jiří Menzel und dem Schriftsteller Bohumil Hrabal. «Lerchen am Faden», dessen Drehbuch Menzel und Hrabal aus Motiven von Hrabals 1965 erschienener Kurzgeschichtensammlung «Verkaufe Haus, in dem ich nicht mehr wohnen will» verfasst hatten, ging in die Postproduktion, als die Panzer der Sowjets in Prag einrollten. Zwar konnte Menzel den Film noch beenden, doch er kam sofort in den Giftschrank - die Zustände, die hier verspottet wurden, waren wieder Realität geworden. Erst 21 Jahre später, nach der Samtenen Revolution von November 1989, konnte «Lerchen am Faden» gezeigt werden. Er triumphierte im Februar 1990 auf der Berlinale, wo er den Goldenen Bären erhielt.
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Schweiz
Les hommes du port (1994)
Alain Tanner
Schweiz
67′
Es ist, als würden sie ein Orchester dirigieren, die Hände der Docker von Genua. Dabei dirigieren sie den Kranführer, der die schweren Container aus- und einlädt. Im Alter von 17 Jahren war der Genfer Filmemacher Alain Tanner auf der Flucht vor der Sesshaftigkeit nach Genua gereist und hatte für eine Reederei gearbeitet. In seinem traumhaft sanften Essay kehrte er vierzig Jahre später zurück und dachte über beobachtete Veränderungen im Arbeitsleben und beim Filmen nach. Entstanden ist eine Bilder-Ode an den Hafen von Genua, seine Menschen, ihre Arbeit, ihr Verhältnis zur Arbeit, ihre Solidarität - untermalt von Arvo Pärts «Fratres» und «Tabula Rasa». Ursprünglich hoffte Tanner, den Hafen als Sprungbrett für Fahrten in die weite Welt benutzen zu können. Doch er blieb sesshaft, den Blick auf jenes Meer gerichtet, das später in mehreren seiner Filme wieder auftauchen sollte. «Les hommes du port» wirkt federleicht, trotz der gewichtigen Lasten, die da verschoben werden. Nicht nur Container und Frachtriesen, auch Gedanken zur Arbeitswelt, zum Klima unter den Dockern, die ihre Arbeit vom Vater zum Sohn übertragen und als Freiheit empfinden. Es ist die Würde, die diese Männer ausstrahlen. Es ist ihre Schönheit, die geradezu betörend wirkt, es sind ihre Sätze, wie sie ohne grosse Worte vom Wesentlichen reden. Und wenn dies alles nicht zum nostalgischen Kitsch gerät, so ist es das Verdienst des Filmemachers, der die Erfahrung der Docker mit seiner eigenen Arbeit zu verknüpfen versteht. Auch Tanner redet in der ersten Person, spricht seinen Kommentar selber.
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Schweiz
Love of Fate
Pierre-Alain Meier
Schweiz
88′
Eineinhalb Millionen Syrer sind in den Libanon geflohen. Ihre einzige Hoffnung auf eine dauerhafte Lösung ist an einem Umsiedlungsprogramm teilzunehmen. Zwei Familien stehen kurz vor ihrer Abreise nach Deutschland. Aber das Schicksal greift ein. Eine der beiden Familien wird am Ende nicht ausreisen. Wenn das Schicksal zuschlägt ist kein Ausweichen möglich. Für Krankheiten gibt es Heilmittel, für das Schicksal keine.
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Malta
Luzzu
Alex Camilleri
Malta
95′
Jesmark ist ein junger Fischer auf der Insel Malta, den die Umstände im Meer zwingen, die Tradition seiner Familie hinter sich zu lassen und alles zu riskieren. Um seine Freundin und sein neugeborenes Baby zu versorgen, begibt er sich in die Welt der Schwarzmarktfischerei. Selten erlebt man die Situation eines traditionsreichen Berufs im Mittelmeer so hautnah und in allen Facetten. Alex Camilleris Spielfilmdebüt ist ein berührendes und mitreissendes Drama, das vor malerischer Kulisse einen seltenen Blick auf Malta wirft.
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Schweiz
Mahatah - Side Stories from Main Stations
Sandra Gysi und Ahmed Abdel Mohsen
Schweiz
79′
Hauptbahnhof Zürich, für einmal in faszinierender Innenansicht. Anfang und Ende, Abschied und Wiedersehen: Für die einen ist er Heimat, für die anderen der Beginn eines Abenteuers. An den Bahnhöfen dieser Welt machen sich Menschen auf die Reise, andere kehren zurück. Oder sie warten. Auf den nächsten Anschluss, vielleicht auf bessere Zeiten. So in Kairo und auch in Zürich. Bahnhöfe sind Inseln, losgelöst zwischen Welten und Zeiten, kosmopolitische Treff- und Knotenpunkte. Einen intimen Blick in und hinter die Kulissen der beiden Hauptbahnhöfe werfen Sandra Gysi und Ahmed Abdel Mohsen. Sie tauchen ein in dieses Universum, in dem fast unbemerkt Menschen Treppen schrubben, Zugkompositionen erstellen, für Sicherheit sorgen und Tickets verkaufen oder Kebab. Sie nehmen uns mit zu Impressionen und Begegnungen, die sich im Alltag verflüchtigen, finden in «Mahatah», dem arabischen Wort für Bahnhof, ihren Raum. Der Film verdichtet sich zu einem kollektiven Rhythmus des Alltags, es eröffnen sich Geschichten zwischen zwei Ländern, deren gemeinsame Poesie eine universell menschliche Kraft entfalten. Bis zum nächsten Abschied oder Wiedersehen, bis der nächste Zug einfährt oder den Bahnhof verlässt, ist die Welt vereint in «Mahatah». Das ist, nicht nur aber besonders, für Zugreisende eine Entdeckung.
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Ukraine
Maidan
Sergei Loznitsa
Ukraine
134′
Auf dem Maidan-Platz in Kiew kommt es im Winter 2013/14 zum zivilen Aufstand gegen das Regime des regierenden ukrainischen Präsidenten Wiktor Janukowitsch. Hunderttausende demonstrieren für mehr Demokratie und eine Annäherung an die Europäische Union. Was als friedliche Demonstration begann, endete in einem Massenprotest mit zahlreichen Toten. Am 22. Februar 2014 erreichen die Protestierenden dann endlich ihr Ziel. Janukowitsch wird seines Amtes enthoben und setzte sich wenig später nach Russland ab. In MAIDAN fängt der 1964 in Weissrussland geborene und in der Ukraine aufgewachsene Filmemacher Sergei Loznitsa eindrücklich die Protest-Bewegungen auf dem Platz ein und fügt sie zu einem wirkmächtigen Zeitdokument zusammen. Im Cinéma vérité Stil dokumentiert er einzelne Sequenzen des Protestverlaufs und passt diese in eine streng geordnete Form ein. Er verharrt dabei konsequent am zentralen Schauplatz des Geschehens, dem Kiewer Maidan. Schleichend ergibt sich so ein eindringliches Bild und ein einmaliges Zeugnis einer Nation im Wandel.
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Schweiz
Margreet Honig - Der freie Ton
Stefan Haupt
Schweiz
60′
Margreet Honig (84) ist eine international gefragte holländische Gesangspädagogin. Sie unterrichtet in ganz Europa und arbeitet mit weltberühmten Sänger:innen zusammen. Dabei hat sie eine ganz eigene Arbeitsweise entwickelt, die wohltuend kontrastiert zur gängigen, auf Perfektion und Leistung fixierten Musikausbildung. Somit ist ihr Ansatz hochaktuell, auch in Bezug auf die gesellschaftlichen Veränderungen in den Bereichen Bildung und Pädagogik. Ein motivierender, anregender Film stellt einem nicht nur musikalisch interessierten Publikum diese einzigartige Frau und ihre Arbeit vor.
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Schweiz
Markus Raetz (2007)
Iwan Schumacher
Schweiz
75′
Die Kunst von Markus Raetz wirkt federleicht und zärtlich beschwingt. Man schaut und staunt und ist verzückt, fragt sich, was einem die Augen mit seiner Hilfe vorzaubern. Iwan Schumacher hält das in seinem Porträt so bewegt fest, dass einem das Schauen und Staunen nie vergehen möchten und man erkennt: Wahrnehmung ist das halbe Leben. Danke, Markus Raetz. Am 14. April 2020 ist der Maler, Bildhauer und Fotograf 78-jährig gestorben. Im internationalen Kunstbetrieb war der Schweizer eine etablierte Grösse. Für den Film von Iwan Schumacher hatte der Berner Künstler erstmals einem Filmteam (Kamera: Pio Corradi) Einblick in sein 40-jähriges Schaffen gewährt. Markus Raetz hat den siebten Sinn für Wahrnehmungen der aussergewöhnlichen Art. Seine Werke verblüffen wie Kunststücke eines Zauberers. Sie hinterfragen unsere Sehgewohnheiten und zeigen uns die Dinge von einer ganz anderen Seite. Bei allem lohnt es sich, mehrmals und genau zu schauen. Bei seinen Überraschungsattacken auf die Sehorgane des Publikums bedient sich der «wohl Klarsichtigste aller Schweizer Künstler» unterschiedlichster Techniken, Materialien und Medien. - Bei filmingo gibt's das verspielt schöne filmische Porträt in der vollen Kinoversion.
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Matlosa (1981)
Villi Hermann
Schweiz
94′
Alfredo ist ein ganz alltäglicher Familienvater, der in einem Tessiner Bergtal aufgewachsen ist und in der Stadt das Glück nicht wirklich gefunden hat. Seit zehn Jahren kehrt er wöchentlich mit seiner Frau und den beiden Kindern ins Bergdorf zurück, um den verbliebenen Rest von Freiheit hier noch zu geniessen. Dabei trifft er auf die alten Bekannten, bastelt am Haus seiner Familie, sammelt Schnecken und geht verträumt den Spuren seiner Kindheit nach. Der «Bauernlümmel» von damals hat sich in der Stadt immerhn zum gehobenen Angestellten hochgedient, sich aber gleichzeitig in diesem menschenfeindlichen Labrinth entfremdet. Er ist heimatlos in der eigenen Heimat geworden. Immer wieder taucht in seiner Erinnerung eine Figur aus der Jugendzeit auf: der Matlosa, ein umherziehender Strassenverkäufer, der für Alfredo zu einer Art Vaterfigur geworden war. Ihn hatte man dem Buben damals weggenommen, an die Grenze gestellt, denn für Vagabunden und sonstige Flüchtlinge hatte man wenig übrig in diesem Land. In seinem ersten Spielfilm «Matlosa» erzählt der Tessiner Filmemacher Villi Herrmann (San Gottardo) zusammen mit Kameramann Carlo Varini nahtlos ineinander geflochten die Geschichten von Alfredos Jugend und seiner Gegenwart, mit Poesie und Ausdauer die einen, hektischer und kühl die anderen. Über eine gesellschaftspolitische Parabel hinausgehend, wagt er einen Blick in das Innere seiner Figur und entdeckt eine Welt voller Träume. Ein aussergewöhnlicher Heimatfilm über den Verlust von Heimat, die Suche nach den Wurzeln und die Überbrückung des Grabens zwischen Erinnerung und Wirklichkeit. Alfredo wird verkörpert von Omero Antonutti, der so bravourös den Vater in Tavianis «Padre Padrone» gespielt hat.
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Schweiz
Messidor (1979)
Alain Tanner
Schweiz
123′
Jeanne und Marie treffen einander zufällig und entschliessen sich, auf eine Reise durch die Schweiz zu gehen mit unbestimmtem Ziel. Es wird eine Winterreise (Schuberts Lied steht am Anfang des Films) im Sommer, ein versuchter Ausbruch aus der Erstarrung. Jeanne studiert in Genf Geschichte und Literatur, lebt zusammen mit ihrem Freund und ist unterwegs «à la campagne», da sie alles ein wenig anödet. Anders Marie, die Verkäuferin aus Moudon, einem kleinen Nest bei Lausanne; sie ist die Landmaus, für die das Uebernachten im Wald nicht blosse Zielvorstellung ist — sie handelt. Aus den harmlosen, bedrohten Ausgeflippten werden in den Begegnungen mit engstirniger, vorwiegend männlicher, bürgerlicher Normalität Aussenseiterinnen, die schliesslich selbst zur Gewalt greifen. Alain Tanner wollte mit diesem Film bewusst etwas ganz Neues machen und hat den Ausbruch förmlich in die Landschaft hineinkomponiert. «Wir wussten, dass wir dieses Stück Strasse zeigen wollten, oder diese Ecke vom Berg oder dieses Dorf». Ein Jahr vor der 80er-Jugendbewegung hat er ein Frauen-Roadmovie inszeniert, das «Thelma & Louise» in der Schweiz vorwegnahm und das bevorstehende Beben bereits registrierte: Leise, radikal, politisch. Auf den Strassen lässt sich ein Land «erfahren». Messidor bezeichnete im Französischen Revolutionskalender übrigens den Erntemonat Juli.
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Schweiz
Messies, ein schönes Chaos
Ulrich Grossenbacher
Schweiz
117′
Etwa zwei Prozent der Schweizer Bevölkerung gelten als krankhafte «Messies». Sie sammeln so extensiv und kompromisslos, dass ihr Verhalten sie isoliert. Sie werden ihren Mitmenschen zur Last oder verkriechen sich in den eigenen Wänden - sofern da noch Platz ist. Für Angehörige ist die Sammlerwut mitunter grenzwertig, gleichzeitig führt uns der Film auf erfrischende Art vor Augen, wie schnell wir die Dinge doch wegschmeissen und wie häufig man noch etwas mit ihnen machen könnte, sie reparieren oder umfunktionieren. Neugierig begegnet Filmemacher Grossenbacher vier Menschen, die mit ihrem Chaos unterschiedlich umgehen. Arthur, ein lediger Bauer, bewohnt sein Heimetli. Nicht Geranien sind sein Stolz, sondern verrostende Traktoren, Bagger, Autos und Lastwagen. Elmira legt in ihrer Wohnung Gelenkigkeit an den Tag. Meterhoch türmen sich die zu überquerenden Zeitungs- und Kassettenstapel. Karl und Trudi bewohnen ein Bauernhaus. Einer der letzten passierbaren Räume ist die Küche. Sie beklagt das verlorene Sozialleben, nicht mal mehr die eigenen Kinder besuchen sie. Ihr Ultimatum: Er schafft Platz oder sie zieht aus. Der Tüftler Thomas baut aus Schrott sinnige Apparate. Seine Werkstatt ist so übervoll wie seine Pläne.
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Schweiz
More than Honey
Markus Imhoof
Schweiz
95′
Mehr als ein Drittel unserer Nahrungsmittel ist abhängig von der Bestäubung durch Bienen. Der Physiker Albert Einstein soll gesagt haben: «Wenn die Bienen aussterben, sterben vier Jahre später auch die Menschen aus.» Markus Imhoof (Das Boot ist voll) war früh mit der einzigartigen Welt der emsigen Insekten vertraut und ist auch heute noch gewissermassen familiär mit ihnen verbunden. War das Bienenhaus seines Grossvaters für ihn als Kind ein magischer Ort, so sind es seine Tochter und der Schwiegersohn, die in Australien ein Forschungsprojekt mit Bienen leiten. Imhoof reiste für seinen Film um die Welt. Er besucht Imker in den Schweizer Bergen, spricht mit Wissenschaftlern, erzählt von der phänomenalen Intelligenz der Bienen und ihrem sozialen Zusammenleben. Dank modernster Kameratechnik sehen wir beeindruckende und einzigartige Bilder von Bienen, das Leben im Inneren eines Bienenstocks oder die Begattung einer Königin in vollem Flug. Bester Dokumentarfilm beim Schweizer Filmpreis 2013.
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Bulgarien
Nanouk
Milko Lazarov
Bulgarien
96′
Nanook und Sedna sind das letzte Paar ihres Volkes. Sie leben in einer Jurte in den schneebedeckten Weiten der sibirischen Taiga. Der Frühling zieht früher als gewohnt ein, das Eisangeln ist weniger ergiebig als üblich und Sedna bemerkt, dass Nanook beginnt, Dinge zu vergessen. In wunderschönen Bildern erzählt Milko Lazarov seine Geschichte von einer Familie, deren Spuren sich in der Zeit der Moderne verlieren. Zum Einstieg in Ága zupft Feodosia Ivanova, die in der Filmhandlung danach die Rolle der Sedna übernimmt, in ihrer Tracht ein Lied auf der Maultrommel. Sie bringt uns damit in die ruhige Schwingung, die das Leben im ewigen Eis prägt und den Film des Bulgaren Milko Lazarov auszeichnet. Hektik bringt hier nichts, Mensch wie Tier sind verschwindend klein in den unglaublichen Weiten der weissen Landschaft. Ága ist ein Film der Unaufgeregtheit im besten Sinn, obwohl er ein Leben festhält, das im Verschwinden begriffen ist. Sednas Mann heisst Nanook, und der Name ist nicht die einzige Referenz an einen grossartigen Dokumentarfilm der Frühzeit des Kinos: Robert J. Flahertys Nanook of the North, Jahrgang 1922. Die Filmgeschichte hatte mit Dokumentarfilmen begonnen, aber hier glaubte einer an die Fiktion im Dokument und an die Poesie des Wirklichen. Lazarovs Nanook ist so etwas wie einer der letzten Nachfahren von Flahertys Inuit. Tochter Ága und ihr Bruder haben die Eltern allein im Eis zurückgelassen, sind losgezogen, um in einem vermeintlich menschenfreundlicheren Kontext ihr Glück zu suchen. Mit eindrücklichen Bildern und einem beschaulichen Rhythmus lädt uns der Film ein an einen äussersten Punkt der Welt. Walter Ruggle
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Schweiz
Naturales historiae
Pauline Julier
Schweiz
55′
*** Hinweis: Zu diesem Film gibt es keine deutschen Untertitel*** Der Film beginnt mit einem Vulkanausbruch, der die Regisseurin Pauline Julier in einer fremden Stadt unter Fremden stranden lässt. Diese Fremden beschwören abwechselnd Legenden über die Entstehung der Kontinente, das Aufblühen der tektonischen Platten oder die Explosion der Asche, die Sommer ohne Sonne verursachte.
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Schweiz
Passagen (1972)
Fredi M. Murer
Schweiz
44′
H.R. Giger wurde weltberühmt als Gestalter der Figuren des Spielfilms ALIEN von Ridley Scott. In dieser lange Jahre davor entstandenen Dokumentation über H.R. Gigers Werk steht der schöpferische Prozess des Künstlers und das Wechselspiel zwischen bewussten und unbewussten Einflüssen im Mittelpunkt. In Statements von Experten und Zeitgenossen wird die Frage nach der Stellung des Künstlers und seiner gesellschaftlichen Verantwortung behandelt.
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Deutschland
Pepe Mujica - Der Präsident
Heidi Specogna
Deutschland
93′
Ein ehemaliger Widerstandskämpfer, der zum Präsidenten von Uruguay gewählt wird und fast 90 Prozent seines Gehalts für soziale Projekte spendet: Pepe Mujica, eine der charismatischsten Persönlichkeiten Lateinamerikas, ist als «der ärmste Präsident der Welt» bekannt geworden. Stets ist er, der aus politischen Gründen viele Jahre im Gefängnis sass, seinen Idealen treu geblieben. Sein bescheidener Lebensstil – statt im Regierungspalast wohnt er in einer kleinen Finca – und sein unkonventionelles Auftreten untermauern seine Glaubwürdigkeit bei Jung und Alt. Pepe Mujica vertritt seine Anliegen mit Humor, Verstand und Leidenschaft, sein politisches Engagement für eine gerechtere Gesellschaft stösst international auf Aufmerksamkeit und Zuspruch. Die Filmemacherin Heidi Specogna und ihr Kameramann Rainer Hoffmann haben Pepe Mujica und seine Frau Lucía Topolansky oft besucht und mit der Kamera begleitet. So ist das Porträt eines aussergewöhnlichen Menschen entstanden, der sich auch mit fast 80 Jahren seinen Lebensmut, seinen Witz, seine Menschlichkeit und die handfeste Hoffnung auf Veränderung bewahrt hat. «Pepe Mujica – el presidente» ist ein optimistischer und bewegender Film, der Mut macht.
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Deutschland
Phoenix
Christian Petzold
Deutschland
98′
Deutschland im Jahre Null: Nelly (Nina Hoss) hat seelisch und körperlich schwer verletzt Auschwitz überlebt und wird von Lene (Nina Kunzendorf), einer Freundin aus glücklichen Vorkriegstagen und jetzigen Mitarbeiterin der Jewish Agency, nach Berlin, in ihre alte Heimatstadt gebracht. Dort angekommen, unterzieht sich Nelly erfolgreich einer Gesichtsoperation und macht sich, trotz aller Bedenken von Lene, auf die Suche nach ihrem Mann Johnny (Ronald Zehrfeld), den sie so geliebt hat. Dieser hatte Nelly durch sein Festhalten an ihrer Ehe lange vor der Verfolgung schützen können, doch irgendwann schlugen die Nazis unerbittlich zu. Mittlerweile geht Johnny fest davon aus, dass seine Frau tot ist. Als Nelly ihn endlich aufspürt, erkennt er sie auf tragische Weise nicht wieder. Er meint nur eine beunruhigende Ähnlichkeit mit seiner totgeglaubten Frau zu sehen. Was Nelly auch versucht, er lässt sich nicht vom Gegenteil überzeugen. Aus dieser verwirrenden Situation heraus macht Johnny der für ihn Unbekannten den Vorschlag, seine Ehefrau zu spielen, um an das Erbe zu kommen, das die im Holocaust ermordete Familie Nellys hinterlassen hat. Wohl oder übel lässt Nelly sich darauf ein. Sie wird ihre eigene Doppelgängerin und verzweifelt zusehends an dieser Rolle. Doch sie kann nicht aufhören. Sie möchte wissen, ob Johnny sie geliebt hat. Ob er sie verraten hat. Nelly will ihr Leben zurück.
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Schweiz
Pizza Bethlehem
Bruno Moll
Schweiz
84′
Im Zentrum von Bruno Molls Film PIZZA BETHLEHEM, der an den Solothurner Filmtagen 2010 von Publikum und Medien als Highlight gefeiert wurde, stehen neun junge Frauen des FC Bethlehem. Das Team spiegelt die ethnische Zusammensetzung des Berner Quartiers, in dem die Mädchen leben, der Film betrachtet beschwingt, liebe- und humorvoll den Alltag der jungen Frauen in Schule, Liebe, Beruf und Familie - und er lässt natürlich den Frauenfussball leben. Moll fragt nach dem Selbstverständnis seiner Fussballerinnen, nach ihren Träumen und Ängsten, fragt nach Religion, Ausbildung und Liebe. Was heisst es, fremd sein im Land, in dem man aufgewachsen ist, wo man sich zuhause fühlt? Der Filmemacher hat - einmal mehr - eine Vertrautheit erreicht, die alles andere als selbstverständlich ist und die einen hier mitunter vergessen lässt, dass diese 15- bis 16-jährigen Mädchen keine Filmprofis sind und ganz einfach sich selber darstellen. Marie, Agime, Rosa, Elmaze und die anderen sind so überzeugend und frisch, weil sie im besten Sinn sich selber und bei sich selber sind und sein können, in den eigenen vier Wänden, beim Shoppen, mit Freundinnen, auf dem Fussballfeld. So ist ein faszinierendes, lebendiges und vielschichtiges Porträt entstanden vom anderen Jungsein mitten in der Schweiz. Diese ist unübersehbar ein Imigrationsland, auch wenn das Einzelne, deren Vorfahren hier vor gar nicht langer Zeit eingewandert sind, nicht wahrhaben wollen. Moll bringt die Elemente, die er auf immer wieder überraschende ja verblüffende Art aufgenommen hat, in einen Fluss, auf dem dringliche Fragen erkennbar werden. Das geschieht geradezu nebenbei, so dass sein Film sowohl Erwachsene wie Jugendliche ansprechen kann und Einsichten bietet ins Leben gleich nebenan um die Ecke. Die Juniorinnen des FC Bethlehem: Marie Bonvin Alessandra Caradonna Natâsa Milankovic Agime Murina Yolanda Oluoma Daria Palandrani Rosa Pedro Elmaze Sinani
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Portugal
Porto
Gabe Klinger
Portugal
73′
Porto, die alte portugiesische Hafenstadt am Douro mit ihrer mysteriösen, fast morbiden Atmosphäre ist der Ort, an dem Jake (Anton Yelchin) und Mati (Lucie Lucas) aufeinandertreffen. Beide sind irgendwie fremd in der Stadt, allein, ein wenig verloren. Als sie sich begegnen, ist es jene magische Anziehung, die spielen kann zwischen zwei Menschen. Ist es Liebe? Hals über Kopf stürzen sie in einen Liebesrausch. Es ist nur eine einzige Nacht, die sie miteinander verbringen. Aber die Zeit scheint still zu stehen. Mit Blicken, Gesten und Worten schaffen sie eine geheimnisvolle und zugleich unauflösbare Verbindung. «Porto» ist der erste Spielfilm des amerikanisch-brasilianischen Regisseurs Gabe Klinger und eine der letzten Gelegenheiten, den hoch talentierten, viel zu früh verstorbenen Schauspieler Anton Yelchin («Star Trek», «Only Lovers Left Alive») zu sehen. Er brilliert als Verlorener auf dem Planeten Porto, Verletzlicher in der Liebe. Entstanden ist der Film mit Jim Jarmusch («Broken Flowers», «Paterson»), der als ausführender Produzent wirkte und in mancherlei Hinsicht Pate stand. Die so zeitlose wie eigenwillig und konsequent in zwei Bildformaten erzählte Liebesgeschichte ist eine Ode ans Kino und an die Stadt Porto.
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Schweiz
Reisen ins Landesinnere (1988)
Matthias Von Gunten
Schweiz
99′
Die Reisen ins Landesinnere der Schweiz führen in den Alltag von sechs Personen: Da ist die Rentnerin, der Aussteiger, der Flugzeugbeobachter, der Kulturschützer, die Nachrichtenredaktorin und der Swissminiatur-Angestellte. Auf diesen überraschenden Reisen kommt der Film dem Absurden und Dramatischen auf die Spur, das sich hinter der scheinbaren Normalität verbirgt. Eine behutsame Betrachtung von dem, was ist und von dem, was die Menschen bewegt.
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Schweiz
Siamo italiani (1964)
Alexander J. Seiler
Schweiz
76′
In ihrem Dokumentarfilm suchen Alexander J. Seiler, Rob Gnant und June Kovach die Begegnung mit Menschen, die in der Schweiz der 1960er und 70er Jahre als Arbeitskräfte aus Italien kamen. Der Film beginnt mit der Gesundheitsuntersuchung an der Grenze. Der Mensch wird zur Ware, deren einziger Sinn darin besteht, im Arbeitsprozess reibungslos zu funktionieren und sich möglichst einfach verwalten zu lassen. Dann zeigt das Trio das Leben der so genannten Fremdarbeiter in der Schweiz in seinen wichtigsten Aspekten: den Arbeitsbedingungen, den Wohnverhältnissen, dem verbotenen Nachzug der Familie, der Öde des Sonntags, der Hartherzigkeit der Einheimischen, der Bürokratie. «Wir kamen nicht als Soziologen oder Fürsorger, sondern als Fragende ohne Einschränkung, und ohne Ausnahme scheinen wir für unsere Gesprächspartner die ersten Schweizer zu sein, die sich nicht bloss für bestimmte Aspekte ihres Lebens, sondern für sie selber und alles interessierten, was sie zu sagen hatten.» Der Film markiert heute so etwas wie den Startpunkt zum Neuen Schweizer Film, indem er von der Realität ausgeht und diese unbeschönigt betrachtet.
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Italien
Storia probabile di un Angelo - Fernando Birri
Paolo Taggi Domenico Lucchini
Italien
76′
Eine Reise in die Welt und das Werk des grossen Meisters des südamerikanischen Kinos, Fernando Birri. Wie Birri sagt, ist es «der letzte Wille seines spirituellen Kinos».
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Deutschland
Styx
Wolfgang Fischer
Deutschland
95′
Rike ist eine erfolgreiche Ärztin. In ihrem dringend benötigten Urlaub will sie allein auf einer Segelyacht von Gibraltar nach Ascension im Atlantik reisen. Ihr Wunsch nach unbeschwerten Ferien scheint sich zu erfüllen, doch nach einem Sturm schlägt das Abenteuer in eine nicht gekannte Herausforderung um: In der Nähe ihres Schiffes entdeckt sie ein beschädigtes, hoffnungslos überladenes Flüchtlingsboot. Mit Rike sind wir schlagartig mitten drin. Unser Alltag birgt Gefahren. Die 40-jährige Notfallärztin Rike wird mitten in der Nacht zu einem Autounfall gerufen und gibt alles, um den verletzten Fahrer zu retten. Wenig später belädt sie unter dem Affenfelsen von Gibralter eine gemietete Yacht, mit der sie auf Darwins Spuren nach Ascension segeln will, mit sich allein sein, auf sich gestellt und gefordert, den Frieden und die Ruhe geniessend auch. Sie sind eindrücklich, die Passagen mit dem Boot, die Kommunikation mit anderen Schiffen und dem Festland, das Meistern eines nächtlichen Sturms. Packend inszeniert von Wolfgang Fischer und glaubwürdig verkörpert von Suzanne Wolff, atemberaubend fotografiert von Benedict Neuenfels. «Styx» ist zunächst ganz einfach ein toller Segelfilm über eine Frau, die weiss, was sie will und zupackt. Rike geniesst die Bewunderung des Personals auf einem Frachtschiff, das sich auf derselben Route bewegt, von den Funkpunkten am Festland wird sie begrüsst und begleitet. Bis zu dem Moment, in dem schlagartig eine ganz andere Realität in die des auf der Yacht eindrücklich präsenten nordwestlichen Wohlstands hereinbricht und die Idylle stört. In Rikes Sichtweite steht eine Schiff voller Flüchtlinge still. Hilfe ist angesagt, doch was kann die einzelne Frau auf der viel zu kleinen Yacht allein auf hoher See anstellen? Wir erleben die innere Zerrissenheit einer Ärztin, die helfen will, aber nichts tun kann, wir erfahren die Distanzierung der Anderen, die auf ihre Notrufe abweisend reagieren. Und wir haben schlagartig die schöne heile Welt mit dem Drama der Migration auf engem Raum zusammengebracht. Selten hat man dies im Kino fast wortlos und so verdichtet gesehen. Walter Ruggle
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Frankreich
Sundown
Michel Franco
Frankreich
82′
Acapulco, Mexiko: In einem Luxushotel am Strand verbringt Neil (Tim Roth) mit Alice (Charlotte Gainsbourg) und ihren Kindern entspannte Urlaubstage. Das Idyll hat ein Ende als Alice ein Anruf aus London erreicht: Ihre Mutter ist gestorben. Während sie umgehend zurück nach London reist, um sich um die Hinterlassenschaften zu kümmern, kehrt Neil vom Flughafen an den Strand zurück - angeblich hat er seinen Pass im Hotel liegen lassen. Um einer Rückkehr in sein Leben zu umgehen, lügt er Alice fortan weiter an. Autor und Regisseur Michel Franco («Nuevo orden») setzt seine Erkundung von Individuen und Gesellschaften, die unter Druck stehen, fort und begibt sich auf die Höhen und Tiefen eines Acapulco und einer Familie, die mehr ist, als man auf den ersten Blick sieht. «Sundown» spielt in den eleganten Hotelsuiten und schmuddeligen Touristenlokalen eines disparaten und mehrschichtigen Küstenortes sowie auf dem psychologischen Schlachtfeld einer prekären Dynastie und entfaltet sich in scharfen, heimlichen Schüben.
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Deutschland
The Invisible Frame (2009)
Cynthia Beatt
Deutschland
59′
1988 konzipierte Cynthia Beatt eine besondere filmische Fahrradtour. Sie wählte eine Reihe von Orten entlang der 160 km langen Grenze aus, an der die junge Tilda Swinton entlang radelte und so die Insel West Berlin scheinbar einmal umrundet. Heute ist CYCLING THE FRAME ein ungewöhnliches historisches Dokument, und Tilda Swinton, die 2008 mit dem Oscar ausgezeichnet wurde, ist längst ein Star. 21 Jahre später, im Juni 2009, sind Cynthia Beatt und Tilda Swinton noch einmal jene Linie nachgefahren, die die Mauer durch Berlin geschnitten hat. In THE INVISIBLE FRAME folgten sie dem gleichen Weg durch die vielfältigen Grenzlandschaften, dieses Mal aber auf der West- und Ostseite Berlins. Wo einst der Stillstand des organischen Wachstums durch den Mauerbau die Landschaft prägte, verwischen 20 Jahre nach dem Fall der Mauer unkontrolliertes Wachstum oder Bebauung die Spuren des Grenzverlaufs. Im rhythmischen Zusammenspiel von festen Einstellungen und Kamerafahrten ergibt sich eine pulsierende Kreislaufbewegung, ein Umkreisen Ost- und Westberlins, das beide Seiten ineinander verwebt. Persönliche Reflexionen von Tilda Swinton als innere Monologe ergänzen die aus Originaltönen komponierten ‚Soundscapes‘ von Simon Fisher Turner, der bereits in den 80er Jahren mit Derek Jarman und Tilda Swinton zusammenarbeitete.
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Schweiz
The Song of Mary Blane
Bruno Moll
Schweiz
86′
Der Solothurner Kunstmaler Frank Buchser wird im Jahre 1866 in die USA geschickt, um ein grosses Gemälde der «Helden des Bürgerkriegs» für den künftigen Nationalratssaal in Bern zu malen. Anfänglich porträtiert Buchser fleissig die Politiker und Generäle im Sinne seiner Auftraggeber. Mehr und mehr interessiert er sich aber für die in die Reservate vertriebenen Indianer und die Lebensbedingungen der eben befreiten Sklaven. Jahre früher, fasziniert von der maurischen Kultur, reitet Frank Buchser als türkischer Scheich verkleidet in die für Christen bei Todesstrafe verbotene marokkanische Stadt Fez. Der Schweizer Filmemacher Bruno Moll (Pizza Bethlehem, Tunisreise) erzählt die beiden abenteuerlichen Reisen des aufmüpfigen und streitbaren Künstlers. Die Filmerzählung beginnt mit Filmdokumenten der Ausschreitungen im August 2017 in Charlottesville und den von Frank Buchser gemachten Tagebucheintragungen im Jahre 1869, als General Lee ihm für das Porträt Modell stand. In einer grossen Rückblende erzählt der Filmemacher Buchsers Aufenthalt in Andalusien und Marokko im Jahr 1858, kehrt mit ihm in die Heimat zurück und schliesst mit seinem nordamerikanischen Abenteuer.
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Tschechische Republik
Those Wonderful Movie Cranks (1978)
Jiri Menzel
Tschechische Republik
89′
Ein Filmvorführer tingelt Anfang des 20. Jahrhunderts durch böhmische Dörfer und träumt davon, in Prag ein Kino zu eröffnen. Er verbündet sich mit einem jungen Kameramann (gespielt von Jiří Menzel), der seinerseits einen Traum hat: Er sehnt sich nach lebensnahen Filmen, die sich mit der Wirklichkeit der Menschen befassen. Menzels Die wunderbaren Männer mit der Kurbel gehört zu den schönsten Huldigungen an die Pioniere der Stummfilmzeit, darüber hinaus ist der Film eine melancholisch gefärbte Reflexion über notwendige Zugeständnisse. «Der Film ist eine scharfsinnige Chronologie des Scheiterns. (...) Menzel erzählt dies in teils heiter, teils wehmütig stimmenden Episoden, in denen er virtuos verschiedene filmische Ebenen ineinanderfliessen lässt: Die illusionäre Verzückung angesichts zappelnder Schwarzweissbilder der ersten Stunde - von Menzel stilecht nachgedreht - trifft auf die schöne Scheinwelt eines standesbewussten Grossbürgertums (...). Poesievolle Beschreibung der historischen Situation wird so gebrochen durch die Distanz einer ersten kinematografischen Aufarbeitung.» (dhm.de)
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Schweiz
Unerhört jenisch
Martina Rieder
Schweiz
93′
Stephan Eicher spielt mit dem Bild des Zigeuners und sucht mit seinem Bruder Erich nach seinen jenischen Wurzeln. Die Spur führt in die Bündner Berge, zu den einst zugewanderten Familien Moser, Waser und Kollegger und ihrer legendären Tanzmusik. Die Familien leben eine faszinierende und leidenschaftliche Musiktradition. Sie prägt die Schweizer Volksmusik, sucht den Blues, brilliert als Chanson oder rebelliert im Punk. In «Unerhört jenisch» erzählt Martina Rieder aber auch eine bis anhin ungehörte Geschichte mit vielen Facetten und Tonlagen. Ein Film über das Geheimnis des besonderen Sounds.
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Schweiz
Urs Fischer
Iwan Schumacher
Schweiz
102′
Urs Fischer ist ein Senkrechtstarter. Der 36-jährige Schweizer Künstler mit Wohnsitz in New York feiert mit seinen Zeichnungen, Objekten und Installationen seit Jahren internationale Erfolge. Fischer erhält hochkarätige internationale Ausstellungsmöglichkeiten und verfügt über beachtliche Produktionsbudgets, die es ihm auch erlauben, haushohe Skulpturen anzufertigen. Der Film zeigt ihn als Künstler, der seine Schaffenskraft aus einem Spannungsfeld intensiver Gegensätze und Widersprüche bezieht. Fischer pendelt zwischen Lebensfreude und Schaffenswut, Kunsttraditionen und Popkultur, Spontaneität und Hightech hin und her. In seinen zwei- und dreidimensionalen Arbeiten findet er immer wieder die Synthese zwischen diesen scheinbaren Gegensätzen. Im Zentrum des Films steht als vorläufiger Höhepunkt seiner Karriere die Vorbereitung bis hin zur Vernissage seiner ersten Einzelausstellung in einem Museum in den USA: im New Museum in New York City im Oktober 2009. Visuell netzartig verflochten zeigt «Urs Fischer» die wichtigsten Produktionen und Ausstellungen der letzten sechs Jahre, mit fesselnden Bildern von Schauplätzen wie Venedig, London, Sydney, Zürich und Shanghai. Die Zuschauer tauchen ein in den komplexen schöpferischen Prozess hinter einer Ausstellung, und sie erleben, unter welchem Druck ein international tätiger Künstler arbeitet. Faszinierend auch zu sehen, was es ganz konkret bedeutet, als Künstler in einer globalisierten Welt seine Werke zu schaffen. Und Teil eines Kunstmarktes zu sein, in dem Millionensummen auf dem Spiel stehen.
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Schweiz
Utopia Blues (2001)
Stefan Haupt
Schweiz
99′
Total leben oder total sterben! Nichts dazwischen. Der 18-jährige Rafael Hasler will seine Utopien in die Tat umsetzen, kompromisslos das tun, was er für richtig hält. Sein grösster Wunsch: als freier Musiker die Welt zu erobern. Doch seine Sehnsüchte und Ideale wachsen ihm über den Kopf, treiben ihn aus der Bahn, über die «Sicherheitslinie» hinaus. «Das Leben ist ein Spiel», sagt er, doch unverhofft wird daraus bitterer Ernst. Wieviel Freiheit ist erlaubt? In seinem ersten Spielfilm «Utopia Blues» verarbeitet Stefan Haupt wahre Begebenheiten. Eine Mutter hatte dem Regisseur ihre Aufzeichnungen über das Leben und Sterben ihres Sohnes übergeben. Haupt hat sie bearbeitet und zu einer eigenen Geschichte entwickelt, in der er von Lucas, dem unbeugsamen, unangepassten Jüngling erzählt, der seine Freiheit und seinen Weg in absolutem jugendlichem Ungstüm sucht. Mit seiner Radikalität überfordert er allerdings sowohl das gesellschaftliche System als auch seine Mutter. Das ist ein ausgesprochen authentisch anmutender Film über das Erwachsenwerden und über soziale Zwänge, Normierung, Wut und Ohnmacht, packend in seiner Ausgestaltung, hervorragend gespielt und gerade in den heikeln Momenten mit grosser Sensibilität erzählt. «Utopia Blues» wurde mit guten Gründen als bester Schweizer Spielfilm ausgezeichnet, sein Hauptdarsteller Michael Finger gleichzeitig als bester Schauspieler gewürdigt.
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Schweiz
Vakuum
Christine Repond
Schweiz
77′
Inmitten der Vorbereitungen für ihren 35. Hochzeitstag erfährt Meredith überraschend, dass sie HIV-positiv ist. Als Überträger kommt nur ihr Mann André in Frage. Je näher die Hochzeitsfeier rückt, desto brüchiger scheint jene Ehe, die da gefeiert werden soll. Mutig, wütend und hoffend, spürt Meredith, dass es eine gemeinsame Zukunft nur geben kann, wenn sie André restlos verzeiht. Wie viel Verletzung hält Liebe aus?
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Vollmond – Director’s Cut (1998)
Fredi M. Murer
Schweiz
116′
Vor bald 25 Jahren drehte Fredi M. Murer diese Geschichte, die uns alle betrifft und die heute aktueller denn je erscheint. An einem Freitagmorgen nach einer Vollmondnacht verschwindet darin am Greifensee der zehnjährige Toni spurlos. Im Verlauf der polizeilichen Ermittlungen stellt sich heraus, dass sein Verschwinden kein Einzelfall ist, dass vielmehr an demselben Morgen elf weitere Kinder übers ganze Land verteilt untergetaucht sind, ohne die geringste Spur zu hinterlassen. Das Verschwinden der Kinder ist ein Schock, das Rätsel eine Provokation. Den ratlos zurückbleibenden Eltern bleiben 18 Tage Zeit, sich über die Ursachen des Verschwindens Klarheit zu verschaffen. Eine magische Geschichte über die Befindlichkeit der Schweiz und ein Plädoyer für mehr Fantasie. Fredi Murer selber sagt zu seinem Film heute: «Nach der Umweltkatastrophe von Tschernobyl sagte mir meine Tochter: «Jetzt musst du einen Film über die Gefährlichkeit der Erwachsenen machen.» Kurz vor der Jahrtausendwende habe ich in meinem Spielfilm VOLLMOND schweizweit 12 Kinder spurlos verschwinden lassen. In ihrer Botschaft an die Eltern schreiben sie: «Wir wollen die Erde auf Erden.» Die Gründe für ihr aktives Handeln und ihre ultimative Forderung scheinen mir heute aktueller als je, was mich nach weiteren 25 Jahren zum vorliegenden Director's Cut bewogen hat.»
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Schweiz
Way Beyond
Pauline Julier
Schweiz
61′
Der «Future Circular Collider» ist die Maschine der Zukunft. Mit seiner Hilfe werden wir endlich in der Lage sein, die Zeit bis zum Ursprung unseres Universums zurückzudrehen. Aber wie baut man das grösste wissenschaftliche Instrument aller Zeiten auf? Zwischen Metaphysik und unterirdischen Tunnels nimmt «Way Beyond» so das Publikum mit auf eine Reise in die Welt der kleinsten Teilchen unseres Universums.
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Schweiz
Weiterleben
Hans Haldimann
Schweiz
88′
Ein Film über Menschen, die für mehr Freiheit und Gerechtigkeit gekämpft haben und teuer dafür bezahlen mussten: Die zwei Frauen und zwei Männer aus Tibet, Kongo, Chile und der Türkei leben heute in der Schweiz; in ihrer ursprünglichen Heimat sind sie wegen ihres Einsatzes für die Menschenrechte schwer gefoltert worden. Trotzdem haben sie den Glauben an eine bessere Welt nicht verloren.
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Deutschland
Western
Valeska Grisebach
Deutschland
120′
Eine Gruppe von deutschen Arbeitern soll an der Grenze zwischen Bulgarien und Griechenland ein Wasserwerk bauen. Das fremde Land und die umwerfende Landschaft wecken die Abenteuerlust bei den Männern, aber sie erleben auch eigene Vorurteile und Misstrauen. In ihrem ungemein feinfühlig inszenierten Spielfilm betrachtet Valeska Grisebach Momente von Begegnungen und Versuche von Verständigung - einfach wunderbar! Der Filmtitel Western passt und kann gleichzeitig irreleiten: Mit «Western» verbinden wir ein Filmgenre, in dem Cowboys eine Rolle spielen, Pferde, prächtige Landschaften, männliche Abenteuerlust und: die Moral. Es sind Archetypen, die in den klassischen Western auftreten, sie stehen für menschliches Verhalten zwischen Gut und Böse. In unserem Film gibt es die typischen Elemente des Genres zwar auch und ausgeprägt, aber Western ist gleichzeitig weit davon entfernt, ein Western zu sein. Die Regisseurin Valeska Grisebach sagt: «Mich berührt das Vielschichtige, Widersprüchliche, Schillernde an den Motiven des Western, die das Genre selbst ständig reflektiert oder in Frage stellt.» Es sind die Schwächen einer jeden Figur, die diesen Film so ungemein stark machen. Eigentlich ist der Film ja ein Eastern, denn die anreisenden Männer hier sind Deutsche, die nach Bulgarien und also in den Osten reisen. Sie sollen den Bau einer Wasserfassung vorbereiten und kommen nur zögerlich in Kontakt mit der lokalen Bevölkerung. Vom Genre her finden sich Elemente wie die Abenteuerlust, wilde Landschaft, Pferde und Dorfstrukturen, es schält sich ein eher Guter heraus und ein eher Böser, aber nicht nur, denn alle Figuren sind auch Kinder der Umstände, aus denen sie stammen, in denen sie leben. Die Menschen aus dem Dorf träumen von anderswo und sitzen fest, die Männer auf dem Bau stammen aus Ostdeutschland und sind froh um die Arbeit, die sich da bietet. Western, der Film von Valeria Griesebach, ist eine Perle. Wie unser Alltag ist das meiste unspektakulär, birgt alles Ansätze zum Näherkommen wie zum Konflikt. Hier lenkt nicht Aktion ab, hier führt die ruhige Inszenierung in eine ungemein dichte Atmosphäre und hin zu Wesentlichem im zwischenmenschlichen Umgang: Wer ist der andere? Wie können wir uns verständigen? Grossartig, wie unaufgeregt die Filmemacherin das Geschehen betrachtet, die Entwicklungen beschreibt, die Fragilität einer jeden Situation, die in die eine Richtung kippen kann oder in die andere. Ein friedlicher Film voller Sprengstoff, etwas vom Dichtesten, was ich im Kino der letzten Jahre gesehen habe. Walter Ruggle
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Schweiz
Wie steinerne Löwen am Eingang der Nacht
Olivier Zuchuat
Schweiz
91′
Der langsame Travelling-Shot entlang einer Steinmauer, die nur ab und zu durch Öffnungen im Mauerwerk den Blick auf das azurblaue Meer dahinter freigibt, lässt zunächst an eine antike Ausgrabung denken. Der Eindruck täuscht, wir befinden uns im Jahr 1948. Die Welt steht noch unter dem Schock des Kriegsgeschehens, da brechen in Griechenland alte Fronten auf und ein brutaler Bürgerkrieg beginnt. Die Kommunistische Partei und die Nationale Befreiungsfront, die eben noch die Faschisten in einem aufreibenden Partisanenkrieg bekämpft haben, werden verboten und 80.000 Griechen auf karge Inseln wie Makronisos deportiert. Aus dem knarzenden Lautsprecher ertönen perfide Verbote und das Mantra der zehn Gebote, die das Abschwören vom Kommunismus und den patriotischen Einsatz für „Gott, Vaterland und Freiheit“ einfordern. Das Ziel: Umerziehung. In Wahrheit wird psychischer Terror ausgeübt, der einhergeht mit Schikane und Folter. Aber die Mauern von Makronisos sind nicht stumm. In den Ritzen waren Gedichte der vielen Dichter, wie Yannis Ritsos, Tassos Livaditis und Mikis Theodorakis, die hier interniert waren, versteckt. Mit ihren sehnsuchtsvollen Metaphern und ihrer kraftvollen Poesie versuchten sie sich gegen die plumpe Propaganda zu stemmen, die penetrant über das Zeltlager hinweg tönte. In seiner strengen und konsequenten Komposition lässt der Schweizer Regisseur Oliver Zuchuat die Texte hart aufeinanderprallen und für sich sprechen.
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Schweiz
Wir Bergler in den Bergen (1974)
Fredi M. Murer
Schweiz
112′
Der ethnographische Dokumentarfilm in drei Sätzen von Fredi M. Murer spiegelt die drei unterschiedlichen, nebeneinander existierenden Entwicklungsstadien des Bergkantons Uri, aus dem der in Zürich lebende Filmemacher stammt. In Göschenen, am Fusse des an der europäischen Nord-Süd-Achse liegenden Gotthards, hat die Industrialisierung längst Einzug gehalten: aus den ehemaligen Bergbauern sind Angestellte und Arbeiter geworden. Im Schächental hingegen pflegt man noch die traditionelle Familien- Alpwirtschaft. Und das Dorf Bristen im Maderanertal findet sich mitten im Umbruch, man pflegt zwar noch die traditionelle Landwirtschaft, gleichzeitig aber verlassen täglich 250 Einwohner den Ort, um auswärts zur Arbeit oder zur Schule zu gehen. Faszinierend ist dieser Klassiker des neuen Schweizer Films heute noch, weil er mit Liebe und Sorgfalt sich den Menschen und ihrer Arbeit nähert, weil er sie selber zu Wort kommen lässt und damit eine Betrachtung von innen heraus schafft. Schön zu sehen, wie die damals brandneue Gotthardstrasse sich präsentierte und amüsant zu hören, wie man mit dem Teufelstein umging. Eine Zeitreise.
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Schweiz
Zum Beispiel Suberg
Simon Baumann
Schweiz
90′
Man sagt, die Welt sei ein Dorf geworden. Nehmen wir an, dieses Dorf heisse zum Beispiel Suberg. Dann können wir hier die ganze Welt sehen. Suberg. 475 Meter über Meer, 612 Einwohner. Ein Bahnhof, ein Schulhaus, ein Wirtshaus und eine Düngerfabrik. Ein mittleres Dorf im Schweizer Mittelland. In nur drei Jahrzehnten hat sich das verschlafene Bauerndorf zum anonymen Schlafdorf entwickelt. Simon Baumann lebt seit seiner Geburt in Suberg. Doch 32 Jahre lang hat der Filmemacher das Dorf und seine Bewohnerinnen und Bewohner erfolgreich ignoriert. Anders als sein Grossvater, welcher im Dorf eine zentrale Figur war, kennt er hier kaum jemanden. Das will der Filmemacher ändern und sucht Kontakt zu den Menschen hier. Aber wie integriert man sich in ein Dorf, in dem es kaum noch eine Dorfgemeinschaft gibt? Und warum ist das so? Auf der Suche nach Antworten trifft Baumann auf Menschen, die Suberg und seine Entwicklung geprägt haben, setzt sich mit den Lebensentwürfen seiner Vorfahren auseinander und findet im Männerchor eine letzte kleine Oase des Gemeinschaftssinns.
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