Berlinale Gewinner

Wir präsentieren hier eine Auswahl von Filmen, die in vergangenen Jahren in Berlin ausgezeichnet wurden.

Félicité
Alain Gomis
Kongo, Demokratische Republik
124′
Was für eine feine Liebesgeschichte! Félicité ist eine stolze, unabhängige Frau, die als Sängerin in einer Bar in Kinshasa arbeitet. Wenn sie auf die Bühne geht, scheint sie den Alltag zu vergessen, lassen sich alle vom Rhythmus der melancholischen und kraftvollen Melodien anstecken. Als Félicités Sohn nach einem Unfall im Krankenhaus liegt, versucht sie verzweifelt, das Geld für eine Operation aufzutreiben, während Tabu ihren Kühlschrank flickt. Dieser Film ist eine Wucht, erzeugt durch seine elementar wirkenden Kräfte: Eine Frau, die Liebe, die Musik, die Stadt Kinshasa, das wunderbar Krude der Bilder. Die Sängerin und Theaterschauspielerin Véro Tshanda Beya verkörpert die starke Frauenfigur Félicité, und es kommt nicht alle Tage vor, dass das Wort verkörpert dermassen angebracht ist wie hier. Die Geschichte, die uns Alain Gomis erzählt, ist eine denkbar einfache. Sie könnte sich überall auf der Welt abspielen, wo die Verhältnisse prekär sind: Eine Mutter setzt sich dafür ein, dass ihr mit dem Motorrad verunglückter Sohn im Spital operiert wird. Wie der in Frankreich geborene Filmemacher mit Wurzeln in Senegal und Guinea-Bissau sie erzählt, ist atemberaubend und herzergreifend. Von den ersten Einstellungen an lädt er uns ein zu einem fiebrigen Trip nach Kinshasa, in die Nacht der Grossstadt, in die von Smog und Hitze diesig flirrende Stimmung, in den Rhythmus eines Alltags und seiner Musik, in eine überraschende Liebesgeschichte. Schon lange habe ich keinen afrikanischen Film mehr gesehen, der so feinfühlig erzählt von der Liebe einer Mutter zu ihrem Sohn, von der menschlichen Würde, um die eine Frau absolut kompromisslos kämpft, und von einer zwischenmenschlichen Annäherung, die uns Afrika nahe bringt, aus der wir viel mitnehmen können in unseren Alltag. Félicité versucht nicht einen Augenblick, etwas zu beschönigen. Das dürfte mit ein Grund dafür sein, dass der Film so direkt rüberkommt. Alain Gomis hat schon in Aujourd’hui sein Talent als Erzähler in direkter Rede bewiesen. In Félicité verfeinert er es und kann auf die unglaubliche Ausstrahlung von Véro Tshanda Beya setzen, auf Papi Mpaka auch, der in stoischer Ruhe Félicités Kühlschrank flickt und ihr und dem Sohn näher kommt. Wer das Kino pur liebt: Nichts wie hin! Walter Ruggle
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2017: Silberner Bär Großer Preis der Jury
Ixcanul Volcano
Jayro Bustamante
Guatemala
91′
María, eine 17-jährige Maya-Frau, lebt mit ihren Eltern auf einer Kaffeeplantage am Fuss eines aktiven Vulkans. Sie soll mit dem Vorarbeiter verheiratet werden, sehnt sich aber danach, die Welt jenseits des Berges kennenzulernen. Sie verführt einen Kaffeepflücker, der in die USA fliehen möchte. Als dieser sie alleine zurücklässt, entdeckt María ihre eigene Welt und Kultur noch einmal neu. Jayro Bustamante erzählt bewegend von seiner Heimat. María lebt in Guatemala, einem Land, das bei uns im Kino kaum je zu sehen ist und sicher nie so intensiv. María weiss sehr wohl, wie gut sie aussieht, und sie ist stolz, wenn sie sich farbenprächtig schmückt. Die Figuren in diesem Film sind Menschen, wie man ihnen an jenem Flecken Erde begegnet, an dem die Handlung spielt. Regisseur Jayro Bustamante ist da aufgewachsen, und man spürt es in jedem Atemzug seines ersten Spielfilms: Er kennt das Leben, von dem er erzählt, er hat aus dem Innern heraus die Geschichte entwickelt, die da am Fuss des mächtigen Vulkans leise brodelt. Die Menschen, die hier leben, arbeiten hart und haben kaum Zeit für grosse Träume. Die Tochter will gut verheiratet sein, dafür gibt man das Letzte. Aber unter den Jungen wachsen doch andere Sehnsüchte. Denn hinter dem alles dominierenden Vulkan soll ein anderes Land liegen, in dem alle Menschen ein Auto besitzen. Das, was von den USA im Dorf ankommt, ist wenig, aber anziehend genug, dass einer wie der Plantagenarbeiter Pepe sich aufmacht, es mit eigenen Augen zu sehen. Bustamante entwickelt seine Erzählung von der jungen Frau, die sich am Fusse eines Vulkans einem jungen Mann hingibt, um mit ihm eine andere Welt zu erfahren, in einer faszinierenden Fusion von grossem Leinwand-epos im Cinemascopeformat und intimer Betrachtung des indigenen Lebens. Alles ist gespielt, aber alles strahlt eine Wahrhaftigkeit aus, der man nicht mehr allzu häufig begegnet im Kino und der man sich kaum entziehen kann. Der Filmemacher fühlt dem indigenen Leben den Puls. Walter Ruggle
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2015: Silberner Bär
Der Perlmuttknopf
Patricio Guzmán
Chile
82′
Der Chilene Patricio Guzmán (Nostalgia de la luz) ist ein wunderbarer Erzähler. Sanft führt er uns durch seine Geschichten, die er dem Leben entnimmt und der Geschichte. In Nostalgia de la luz lud er uns ein in die Wüste und ins Universum. Dieses Mal sind es Patagonien und der Ozean. Chile hat 4300 Kilometer Küste, hat Vulkane, Berge und Gletscher. Guzmàn lauscht den Stimmen der Natur und jenen der Ureinwohner Patagoniens. Sein Film ist ein Gedicht. Es gibt Filme, die nehmen einen als Zuschauerin oder Zuschauer vom allerersten Augenblick an auf. Sie strahlen einen Zauber aus und haben etwas Wohltuendes. Es geht dabei nicht ums Verführen - eine Aktion, die das Kino im umfassenden Sinn auch beherrscht. Nein: Es geht um ein Hinführen, hinein in das, was uns ihr Autor erzählen, was er uns näher bringen will. Das kann eine erfundene Geschichte sein, dann nennt man es einen Spielfilm, es kann die in Bilder und Töne gefasste Begegnung mit dem Realen sein, dann wird man von einem Dokumentarfilm reden. Einer, der die Kunst des Dokumentarischen beherrscht wie wenige ist der Chilene Patricio Guzmán. Und das Faszinierende, Schillernde, Bewegende, Packende, das Traumwandlerische ist es, dass seine Filme so spielerisch leicht wirken, obschon sie auch von Dingen erzählen, über die die Menschheit nicht stolz sein kann. Nostalgia de la luz war die Erzählung vom unendlich Grossen des Universums und dem unendlich Kleinen des Menschen im Sand der irdischen Wüste. El botón de nacár nun ist ein Tauchen im Ozean, der Chile umbrandet und ein Auftauchen in dem, was Menschen im Lauf der Jahrhunderte da getrieben haben. Patricio Guzmán geleitet uns, führt vom Kleinen ins Grosse und wieder zurück. Er schafft Zusammenhänge, erzählt von den Ureinwohnern, die einst in Patagonien lebten und davon, was ihnen ge-schah, von einem Patagonen, der zur Erzählfigur wurde und von einem Perlmuttknopf, der am Grund des Pazifiks gefunden wurde und von der jüngeren Geschichte Chiles kündet. Man sitzt im Kino, schaut in die einzigartige Natur, erkennt Zusammenhänge, lauscht den Gedanken des Filmemachers und den Klängen von Patagoniens Sprache, des Wassers: Man staunt und ist bewegt. Walter Ruggle
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2015: Silberner Bär für das Beste Drehbuch
Bal - Honig
Semih Kaplanoglu
Türkei
100′
Der Spielfilm BAL - HONIG hat in Berlin den Goldenen Bären gewonnen und das Publikum mit seiner Kindheitsgeschichte verzückt. Semih Kaplanoglu lässt uns eintauchen in eine Natur, die im Schwinden begriffen ist. Seit kurzem besucht der sechsjährige Yusuf die Grundschule, wo er Lesen und Schreiben lernt. Sein Vater Yakup ist Bienenzüchter und hängt die Bienenkörbe in den unermesslich weiten Wäldern der Berge an der Schwarzmeerküste in die obersten Wipfel der höchsten Bäume. Für den Knaben Yusuf ist der Wald ein Ort grosser Geheimnisse, und er liebt es, mit seinem kindlichen Staunen den Vater dahin zu begleiten. Als die Bienen überraschend aus der Gegend verschwinden, ist die Lebensgrundlage der Familie in Frage gestellt. Yakup bricht ins entfernte Gebirge auf. Semih Kaplanoğlu führt uns im allerersten Sinn des Wortes vor Augen und vor Ohren, was mit der Natur schwindet, wenn wir ihr nicht Sorge tragen. Und er öffnet uns den Raum in die Kindheit, die auch unsere eigene ist. BAL ist wie ein Gedicht, in das man eintauchen kann und das einen verzückt. Dreifach nominiert für die Europäischen Filmpreise und für die Oscars 2010. * * * * * * Semih Kaplanoglu hat am Filmfestival von Berlin den begehrten Goldenen Bären abgeholt. «Bär liebt Honig», hat die FAZ frohlockt, und man war sich in den Medien einig: Eine verdiente Auszeichnung, ein würdiger Preisträger. Der Filmemacher, der mit seiner unaufgeregten Art Filme zu gestalten schon mit früheren Werken aufgefallen war, hat hier eine nicht nur in sich stimmende, er hat eine in sich ruhende Arbeit geschaffen. In Bal lässt er uns eintauchen in eine Natur, die im Schwinden begriffen ist, eröffnet er uns einen Schau-, Lausch- und Fühlraum, in dem das meiste, was passiert, im Zuschauenden vor sich geht: Schauen und Staunen. Natürlich ist die Natur ein dankbares Sujet fürs grosse Kino, für die ausladende Leinwand. Natürlich gibt es eine grosse Zahl von Filmen, die die Schönheiten der Natur besingen und ihre Handlungen inmitten von zauberhaften Landschaften sich entfalten lassen. Hier nutzt einer aber die Natur nicht nur als atemberaubendes Dekor, hier macht einer die Natur selber zum Thema, und zwar die uns umgebende, die uns verzaubernde, die uns beängstigende und die uns beglückende Natur der Berge und der Wälder. Semih Kaplanoğlu betrachtet sie und lässt sie in sich ruhen, lässt sie atmen, so dass wir ihren Hauch von der Leinwand herunterströmend auf dem Kinosessel zu spüren glauben. Der Filmemacher ist einer, der äusserst sensibel wahrnimmt, das hat er bereits in seinen früheren Filmen bewiesen, und er ist einer, der an die Wahrnehmung der Zuschauenden im Kino glaubt und auf sie setzt. Da ist es dann ganz wie draussen in der Natur: Es braucht keine Action, da ist so viel los. Wenn man sich nur auf sie einlässt, sich Zeit schenkt und wahrnimmt. Die Handlung in Bal ist in drei Sätzen erzählt, aber das, was geschieht, würde Bände füllen. Kaplanoğlu führt uns im allerersten Sinn des Wortes vor Augen und vor Ohren, was mit der Natur schwindet, wenn wir ihr nicht Sorge tragen. Das sind nicht nur die Bienen, die sich zurückziehen und damit die Fortpflanzung der Pflanzen in Frage stellen, das ist auch der Mensch, der die Ruhe verliert und die Musse des besinnlichen Zusammenseins. Bal ist wie ein Gedicht, in das man eintauchen kann und das einen verzückt. Walter Ruggle
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2010: Goldener Bär für den Besten Film
El otro (2007)
Ariel Rotter
Argentinien
80′
Für den 46-jährigen Anwalt Juan Desouza scheint alles darauf hinzudeuten, dass er wie sein Vater ein Leben in Sicherheit und Wohlstand verbringen wird. Als ihm seine Frau mitteilt, vielleicht schwanger zu sein, und zugleich sein Vater schwer erkrankt, beginnt Juan über sein Dasein nachzudenken. Eine geschäftliche Reise verleitet ihn dazu, die Identität zu wechseln und das Leben dadurch aus anderer Perspektive neu zu sehen. Das Nachdenken über das, was wir sind, ist so alt wie der Mensch. Was ist der Geist? Was ist die Seele? Was ist der Körper? Vieles ist fassbar, anderes nicht oder nur ansatzweise. Zum Glück. Denn so ist es immer wieder reizvoll, sich dem unfassbaren Teil des Daseins zu widmen, dem etwa, dem wir uns schwer entziehen können: unserem Körper. Ariel Rotter gehört zu den talentiertesten Filmemachern der äusserst dynamischen jungen Generation in Argentinien. Er hat hier eigentlich nur einen einfachen Versuch angestellt und einen Mann in den besten Jahren aus seinem eigenen Leben austreten lassen. Nicht so radikal, wie das Michelangelo Antonioni in «Professione: Reporter» machte, wo Jack Nicholson von einer Rolle in eine andere wechselte und dabei nicht ahnte, was ihn damit erwarten würde. Aber anregend, eher spielerisch. Denn Juan Desouza, grossartig verkörpert von Julio Chávez, wechselt ja nicht nur einmal seine Rolle, er versucht es gleich mehrfach. Der Auslöser ist derselbe wie bei Antonioni: Ein Toter. Gewechselt wird einfach die Identität, der Körper bleibt derselbe. Und damit gerät Ariel Rotters Film zu einer kleinen, feinen Studie über das Körperliche am Menschsein. Was tragen wir herum, und was trägt uns herum? Was macht uns eigentlich aus? Und könnten wir nicht einfach ein Anderer sein bzw. eine Andere? Ein faszinierender Film, von dem man sich tragen lassen kann in dem Sinn, als er mit seinen Körperbetrachtungen in unterschiedlichen Lebensaltern das Sinnieren über das eigene Dasein anregt. Wer sind wir? Und was ist unser Körper? Und was bleibt uns und von uns? Dieser Film ist auch eine sinnliche Erfahrung. Walter Ruggle
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2007: Grosser Preis der Jury (Silberner Bär), Silberner Bär für den Besten Darsteller
Gloria
Sebastian Lelio
Chile
109′
Diese Frau muss man einfach lieben! Gloria ist 58, geschieden. Ihre Kinder sind längst aus dem Haus. Allein will sie ihre Tage und Nächte aber nicht verbringen. So tanzt sie voller Lebensfreude an Single-Partys und flirtet, was das Zeug hält. Da lernt sie den etwas älteren Rodolfo kennen. Was liebevoll beginnt, wird für Gloria allerdings bald zu einer emotionalen Achterbahnfahrt. Doch diese Frau lässt sich nicht unterkriegen: Gloria steht nach jedem Rückschlag wieder auf – und ihr Stern strahlt noch heller als zuvor.
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2013: Preis für die Beste Darstellerin (Silberner Bär)
Nader und Simin - Eine Trennung
Asghar Farhadi
Iran
123′
Simin möchte den Iran verlassen. Ihr Mann Nader will bleiben und seinen an Alzheimer erkrankten Vater nicht allein zurück lassen. Deshalb reicht Simin beim Familiengericht die Scheidung ein. Als ihre Klage abgewiesen wird, zieht sie in die Wohnung ihrer Eltern. Die gemeinsame Tochter Termeh bleibt vorerst beim Vater und hofft, dass die Mutter bald wieder nach Hause kommt. Zur Betreuung seines kranken Vaters engagiert Nader eine junge Frau. Razieh ist schwanger und übernimmt den Job, ohne ihren Ehemann davon in Kenntnis zu setzen. Als Nader von der Arbeit nach Hause kommt und seinen Vater allein in der Wohnung findet, kommt es zum Eklat. In der Folge werden Leben und Beziehungen aller Beteiligten stark aufgewühlt und durchgeschüttelt. Und wir betrachten das Geschehen atemlos und stellen fest: Eine Wahrheit gibt es nicht. ******* Nader und Simin oder Szenen einer Ehe 2011 An der Berlinale 2011 hat dieser Film für grosses Aufsehen gesorgt, und mit guten Gründen hat der iranische Filmemacher Asghar Farhadi aus den Händen von Jurypräsidentin Isabella Rosselini den Goldenen Bären erhalten. Darüber hinaus wurden - und das ist einzigartig in der Festivalgeschichte - die beiden Schauspielerpreise an die Schauspielerinnen und Schauspieler des gleichen Films vergeben. Ungeheuer dicht und packend erzählt Farhadi die Geschichte eines Ehepaars, das in Teheran in Trennung steht und vor grundlegenden Entscheidungen. Zum Auftakt stehen der Mann und die Frau vor dem Scheidungsrichter und legen ihre unterschiedlichen Standpunkte dar. Wir sitzen ihnen gegenüber und sind im Kino vom ersten Moment an in der Situation des Richters, der das Geschehen beobachtet und beurteilen soll. Kaum je hat man im Kino eine Trennungsgeschichte so hautnah erlebt, so authentisch erzählt, so kraftvoll und überzeugend gespielt. Selten hat es ein Regisseur geschafft, uns als Betrachtende ins Ganze mit einzubinden, die eigenen Beobachtungen immer wieder in Frage zu stellen, weil eine neue Erkenntnis uns dazu zwingt. Intensiviert wird das Geschehen durch ein zweites Paar, das bald einmal auftritt. Denn nachdem Simin die Wohnung verlassen hat und zu den Eltern gezogen ist, stellt Nader eine junge Frau ein, um den kranken Vater tagsüber zu betreuen. Der Konflikt zwischen dem Ehepaar in Trennung verschiebt sich vorübergehend auf einen Streit über die Behandlung einer Hausangestellten. Asghar Farhadi hat bereits mit seinem letzten Film «About Elly» eine überzeugende Zeit-aufnahme aus dem heutigen Iran gestaltet. Dieses Mal reicht seine Schilderung und die Betrachtung einer Situation weit über die eigene Heimat aus, die er natürlich auch wiederspiegelt. Hier öffnet sich die globale Dimension auf ein Thema, das viele Menschen weltweit umtreibt, sei es aus eigener Erfahrung oder aus dem Miterleben bei befreundeten Paaren. Was geschieht mit einer Beziehung, wenn sie nicht mehr das hält, was sich zwei Liebende einmal versprochen haben? Wie trennt man sich in Würde und so, dass alle Beteiligten damit leben können? Was heisst das für die Kinder? Mit Gespür für dramaturgische Details, mit Sinn fürs Inszenieren in engen Räumen, mit Feingefühl und Respekt für jede einzelne Figur und für die Dynamik im Geschehen erzählt Asghar Farhadi seine Geschichte, in der wir uns in mancherlei Hinsicht wieder erkennen können und in der wir vor allem während der gesamten Dauer des Filmes eines immer wieder selber erfahren: Unsere eigene Wahrnehmung bietet nur einen kleinen Ausschnitt von dem, was ist und von dem, was geschieht. Mit einer minimen Verschiebung der Perspektive, mit zusätzlichen Informationen, nehmen wir eine klar scheinende Tatsache plötzlich anders war. A Separation ist ein moderner Film über elementare gesellschaftliche Fragen und ein brillantes Werk zur Unvollkommenheit der menschlichen Wahrnehmung, genauso wie zur unterschiedlichen Prägung, die zu verschiedenem Verhalten führt und zu anderen Schlüssen aus ein und derselben Situation. Walter Ruggle
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2010: Goldener Bär
Körper und Seele
Ildiko Enyedi
Ungarn
116′
Endre hat längst mit der Liebe abgeschlossen und sich in ein Leben zwischen Arbeitsplatz, Fast-Food-Restaurant und Fernseh-Sofa zurückgezogen. Seine neue Arbeitskollegin Maria merkt sich jeden Satz, jedes Ereignis und sortiert alles nach Datum – Menschen und Berührungen passen nicht in ihre geordnete Welt. Durch einen Zufall finden Endre und Maria heraus, dass sie Nacht für Nacht beide denselben Traum haben. Aufgewühlt und erstaunt über diese rätselhafte Verbindung suchen sie auch tagsüber zaghaft die Nähe zueinander… Die ungarische Regisseurin Ildikó Enyedi erzählt die aussergewöhnliche Liebesgeschichte in wunderbar komponierten Bildern und mit leisem, feinsinnig-lakonischem Humor. Alexandra Borbély und Géza Morcsányi in den Hauptrollen beeindrucken mit ihrem zarten und zugleich eindringlichen Spiel. «On Body and Soul» hat an der Berlinale den Goldenen Bären gewonnen und avancierte zum Publikumsliebling des Festivals: ein magisches Kino-Highlight, intensiv und voller Sinnlichkeit.
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2017: Goldener Bär
Eine Perle Ewigkeit (2009)
Claudia Llosa
Peru
94′
Fausta ist eine junge, bildhübsche Frau in Lima. Ihre Mutter war aus den Anden in die Stadt gezogen. Jetzt stirbt die alte Frau, und die Tochter bleibt allein mit den bösen Geschichten zurück, die ihr die Mutter erzählt hatte. Fausta hat Angst, sich allein in der Stadt zu bewegen, weil sie aus den Erzählungen der Mutter von deren Vergewaltigung erfahren hat. Mit einer Kartoffel in der Vagina schützt sich die Frau vor den Männern, und weil sie Geld braucht, um die Mutter zum Begräbnis ins Dorf zurückzuführen, arbeitet sie bei einer reichen Musikerin in der Stadt. Für Fausta beginnt eine Reise aus der Furcht in die Freiheit, eine Reise zu sich selber. Die Peruanerin Claudia Llosa hat einen zutiefst bewegenden Film gestaltet, der vom verborgenen Schmerz erzählt und dies in einer von der ersten Einstellung an radikalen Form tut - in stiller Wucht. Mit verblüffender Leichtigkeit erzählt sie - bei der ganzen Erdenschwere - vom Alltag der Indigenen und Mestizen in den Barriadas, entwickelt wunderbare Szenen und Überraschungen, die von einem eigenständigen Humor getragen sind. Ein peruanischer Film, der im wahrsten Sinn vor Augen führt, wie stark das junge Filmschaffen im Andenland ist, ein Film, der von der ersten bis zur letzten Szene trägt und packt und Dinge wagt, sie man so im Kino noch nicht gesehen hat. LA TETA ASUSTADA wurde in Berlin 2009 mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet. Claudia Llosa hat ein grosses Erzähltalent, zählt zweifellos zu den wichtigen Figuren des heutigen Kinos und schafft es, vergleichbar mit Filmschaffenden wie Antonioni, das Innenleben ihrer Figuren aus ihrer Umgebung heraus in diese zurückzuspiegeln. Sie schreibt ihren Film auf die Leinwand, steigt über die Sprachlosigkeit angesichts des Gewesenen ein und führt uns sorgsam in die verletzte Seele, die von der Indigenen Magaly Solier grandios verkörpert wird. Das ist starkes Autorinnen-Kino, lebendige Filmkunst heute. Walter Ruggle
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2009: Goldener Bär